: Gewalt dokumentiert
Das „Schwule Überfalltelefon 19228“ verzeichnet im Jahr 2004 mehr Fälle von antischwulen Übergriffen in Köln
KÖLN taz ■ Köln ist für Lesben und Schwule nicht sicherer geworden. Das „Schwule Überfalltelefon 19228“ hat im Jahr 2004 einen leichten Anstieg der gemeldeten Übergriffe registriert, bei der Kölner Polizei macht es sogar „strukturelle Rückschritte“ im Bereich der Verbrechensaufklärung aus. Das geht aus dem Anti-Gewalt-Bericht 2004 hervor, den das Überfalltelefon jetzt veröffentlicht hat. Darin wird die erfasste antischwule Gewalt und Diskriminierung in Köln dokumentiert.
Dem Schwulen Überfalltelefon wurden im vorigen Jahr 46 Fälle antischwuler Gewalt gemeldet – 27 mehr als in 2003. Da das mit einer Zunahme der Meldebereitschaft zu tun haben könnte beziehungsweise damit, dass die Notrufnummer 19228 bekannter gemacht wurde, will das Überfalltelefon erst von einem Trend sprechen, wenn die Zahl der Meldungen auch in 2005 zunimmt.
Entwarnung gibt das Überfalltelefon indes nicht, im Gegenteil: Habe Köln in den 90ern noch als „zunehmend tolerante und lebenswerte Stadt für Lesben und Schwule“ gegolten, so habe sich diese Entwicklung „so nicht fortgesetzt“, bedauert das Überfalltelefon und warnt: „Momentan können wir schwulen Paaren bei beginnender Dämmerung nicht empfehlen, beispielsweise am Rudolfplatz Hand in Hand zu gehen, wenn sie nicht einkalkuliert haben, dann zumindest verbalen Anfeindungen ausgesetzt zu sein.“ Das Überfalltelefon berichtet sogar von einem Fall, wo ein Schwuler auf dem Rudolfplatz verprügelt wurde, der sich gegen verbale Angriffe ebenfalls verbal zu Wehr gesetzt hatte.
Kritisiert wird in dem Bericht auch die Kölner Polizei. Schwule, die Anzeige erstatten wollten, hätten immer wieder feststellen müssen, „dass es für die Beamten bestimmte wiederkehrende Straftaten gegen Schwule nach ihrem Kenntnisstand ‚nicht gibt‘“. Als Beispiel nennt das Überfalltelefon die in letzter Zeit zunehmenden Erpressungsversuche, bei denen nach dem Sex unter Gewaltandrohung Geld verlangt wird. Dabei hatte ein Polizeisprecher im April 2004 in der taz Betroffenen ausdrücklich empfohlen, in solchen Fällen Anzeige zu erstatten. Dirk Eckert
Der komplette Bericht findet sich unter www.koeln19228.de