Neuer seliger Ohrenschmaus

In „Lila“ wird die Sprachlosigkeit nicht wie sonst bei Fosse durch beredtes Schweigen gefüllt, sondern durch Musik

Fast alle haben irgendwann mal in einer Band gespielt. Behauptet jedenfalls der Gitarrist in Jon Fosses erstem Jugendstück „Lila“. Marek Harloff, der im Malersaal melancholische Melodien auf der Gitarre zupft, muss es wissen. Er hat schon als Zehnjähriger eine Band namens „Matsch“ gegründet. Zusammen mit Jan Plewka, Sänger und Songwriter der früheren Hamburger Rockband „Selig“, der hier entgegen seiner Profession ziemlich roh das Schlagzeug bearbeitet. Dann ist da noch Stefan „Stoppel“ Eggert, bei „Selig“ Drummer, im Malersaal, der mit ein paar Instrumenten, Verstärkern und einem abgewetzten Ohrensessel verdammt nach dem Probenraum einer sehr unbekannten Band aussieht, der Sänger – auch nicht gerade ein Ohrenschmaus.

Der namenlose Gitarrist – in Fosses Stück heißt er nur „der Junge“ – macht sich nichts vor. Er weiß, dass keiner in der Band richtig spielen kann. Das sagt er auch seiner Freundin (Lisa-Marie Janke), die sich den Probenraum mal anschauen kommt. Bald hat er die Schnauze voll von der dilettantischen Band. Als er alles hinschmeißen will, setzt ihn der Drummer unter Druck: Er sperrt ihn ein, zerrt ihn an den Haaren und demütigt ihn.

Es passiert nicht viel in „Lila“. Es gibt einen Außenseiter und Gruppenzwang – wie in so vielen Bands. Außer einer unmotivierten Einlage der Bassistin (Jana Schulz), die aus Kurt Cobains Tagebuch zitiert, setzt Regisseur Jens Zimmermann behutsam das typisch karge Fosse-Stück in Szene. Der norwegische Autor hat als Jugendlicher – natürlich – selbst in einer Band gespielt. Er charakterisiert knapp und treffsicher die Gefühle der Unsicherheit, der hohen Erwartungen und schnellen Enttäuschungen. In „Lila“ wird die Sprachlosigkeit aber nicht wie sonst bei Fosse durch beredtes Schweigen gefüllt, sondern durch Musik. Roh und ungestüm dröhnt es auf der Bühne. Bis sie endlich richtig losrocken. TempEau, die 2003 gegründete Band von Harloff, Plewka und Eggert, weiß durch melancholisch-wütende Songs zu beeindrucken. Allein dafür lohnt der Gang ins Theater. Und für die unerwartet große Schauspielkunst des Musikers Jan Plewka. Karin Liebe

nächste Vorstellung: 25.1., 10 Uhr, Malersaal