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Archiv-Artikel

Nur die Plüschtiere überzeugen

Beim „All Star Day“ der Basketball-Bundesliga gewinnt die Süd-Auswahl gegen die Nord-Sternchen mit 110:103. Dass dies auf eher belanglose Art geschieht, spiegelt das Niveau der problembeladenen Bundesliga wider

KÖLN taz ■ Bei der großen Plüschtier-Parade drohte die Stimmung überzukochen. Allerlei flauschige Vögel, Bären und Tiger tollten auf dem Parkett herum, tanzten, machten Handstand und schlugen Salti. Es ging wirklich drollig zu beim Kindergeburtstag in der Kölnarena, der unter dem Namen „All Star Day 2005“ der Basketball-Bundesliga firmierte. Die 16 Erstligisten hatten ihre Maskottchen mitgebracht – und die Tierdarsteller gaben alles, um die gut 12.000 Besucher in der Deutzer Halle in Ekstase zu versetzen. Von den All Stars, den mutmaßlich besten Spielern, die in Deutschland tätig sind, konnte man dies anschließend nicht uneingeschränkt behaupten.

Im Gegenteil: Es war ein zähes Spiel ohne spektakuläre Showeinlagen, wie man sie aus den USA, der Heimat der Allstar-Idee, kennt. Auf sehr belanglose Art besiegte die vom Bamberger Bundestrainer Dirk Bauermann gecoachte Süd-Auswahl die Nord-Stars mit 110:103. Die von Bauermann beschworene „Werbung für den Basketball“ fiel dabei eher lau aus. Dabei ist die Lage sehr ernst, von vielen Seiten ist das seit Wochen zu hören. Basketball in Deutschland lechzt nach wirksamer Promotion zur Nachwuchs-Rekrutierung. Nur vier deutsche Spieler gehörten den All-Star-Teams an, daneben 15 US-Amerikaner, ein Lette, ein Slowene sowie ein Kameruner. „Wenn wir eine gute Mannschaft nur aus deutschen Bundesliga-Spielern zusammenstellen wollten, hätten wir ein ernsthaftes Problem“, sagte der Kölner Trainer Armin Andres, Coach des Nordens. Die besten Einheimischen wie Dirk Nowitzki (NBA) oder Ademola Okulaja (Spanien) spielen verständlicherweise nicht in der deutschen Liga, sondern im Ausland, dort, wo Basketball auf einem höheren qualitativen und finanziellen Niveau betrieben wird. Eine klare Aussage über das BBL-Niveau geben auch die europäischen Pokal-Wettbewerbe, in denen die deutschen Vereine regelmäßig zünftig versagen. Der Bundestrainer hat ein Pisa-Problem ausgemacht. „Unsere Bundesliga-Klubs dürfen sich nicht aus ihrer Verantwortung zur Ausbildung Jugendlicher ziehen“, sagte Bauermann dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Wir hatten bis jetzt immer noch Glücksfälle wie Nowitzki.“ Darauf aber könne man sich nicht verlassen. Besonders in den Basketball-Zentren müsse mehr für den Nachwuchs getan werden. „Denn sonst“, so der Auswahl-Trainer, „sägt sich die Liga den Ast ab, auf dem sie sitzt.“

Langfristig wird die Nationalmannschaft leiden, für die Bauermann verantwortlich ist. Im Moment läuft es zwar noch gut, bei der EM in diesem Jahr gehört Deutschland gar zu den Favoriten. Nach Olympia 2008 jedoch, wenn Spieler wie Nowitzki oder Okulaja ihre internationalen Karrieren beenden wollen, könnte es eng werden. „Mir wird angst und bange, wenn ich an die Zeit danach denke“, sagt Denis Wucherer, 31. Der Kapitän der Bayer Giants Leverkusen ist einer der wenigen deutschen Stars der BBL. Schaute man sich am Samstagabend die beiden Teams der besten deutschen Junioren an, die im Vorprogramm gegeneinander antraten, mochte man den Apokalyptikern Recht geben.

Manchmal kann ein Schock heilsam sein. Der Zustand der BBL erinnert an die Deutsche Eishockey-Liga in den 90er-Jahren nach dem Bosman-Urteil. Die Vereine setzten damals fast nur noch Nordamerikaner ein. Das änderte sich erst wirklich, nachdem die Nationalmannschaft 1998 in die B-Gruppe abgestiegen war. Das in der DEL seither praktizierte Modell der kontinuierlichen Beschränkung der Ausländerlizenzen zeigte Erfolg. Die deutsche Auswahl kann international wieder ganz ordentlich mithalten. Zu einem solchen Modell konnte sich die BBL bislang jedoch nicht durchringen.

Viele Probleme trägt die Basketball-Liga also mit sich herum. Noch dazu ist sie kaum noch im Fernsehen zu sehen, nur im Pay-TV bei Premiere. Ab und an ist es jedoch gar nicht schlecht, wenn nur wenige Menschen zuschauen. Zum Beispiel bei Plüschtier-Paraden. CHRISTIANE MITATSELIS