: ABM räumt Platz für Billigjob
Ab April stellen die Arbeitsagenturen die „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ (ABM) größtenteils ein. Die „Gemeinnützige Arbeit“ der Ein-Euro-Jobber kann die Lücken nur schwer schließen
aus BIELEFELDUWE POLLMANN
Noch bis Ende März arbeitet der Tischler Niels Thoms als so genannte ABM-Kraft in der Tischlerei der Arbeitslosen-Selbsthilfe in Gütersloh. Doch dann läuft die Stelle des 36-Jährigen wie auch der anderen 17 ABM-Kräfte bei dem Beschäftigungs- und Bildungsträger aus. Denn die “Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ nehmen die Arbeitsagenturen nun größtenteils aus ihrem Förderprogramm raus. Ein herber Umbruch ist das für die Arbeitslosen-Selbsthilfe, die früher einmal 70 ABM-Stellen hatte, bei 120 Beschäftigten, die Elektronik-Schrott sortieren oder alte Möbel und Kleider wieder verkaufen.
„Einen kleinen Teil des Umsatzes erwirtschaftete unser Recyclingunternehmen selbst, aber wir waren auch stets auf die Zuschusskräfte der Arbeitsagenturen angewiesen“, sagt Leiter Wolfgang Terwey. Doch reduzieren wollen die Gütersloher ihr Angebot mit Gebrauchtwarenkaufhaus, Geschirrverleih und Radstation keinesfalls: „Wir arbeiten mit der gleichen Anzahl an Leuten“, so Terwey. „Das versuchen wir aber mit Teilnehmern, die gemeinnützige Arbeit leisten. Und das hat bereits im vergangenen Jahr begonnen.“
Bei vielen Beschäftigungsträgern in Nordrhein-Westfalen ist das ähnlich. Diese „gemeinnützige Arbeit“ machen nun Langzeit-Arbeitslose, die zum Arbeitslosengeld II eine „Mehraufwandsentschädigung“ bekommen. 1,30 Euro pro Stunde sind das in der Arbeitslosen-Selbsthilfe in Gütersloh, es kann auch weniger sein. Bezahlt wird den Kräften dieser „Mehraufwand“ von den Arbeitsgemeinschaften zwischen Kreisen oder Städten und den Arbeitsagenturen.
Auch einer der größten Beschäftigungsträger bundesweit, die Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung (GAB) in Bielefeld, bei der in den vergangenen zwei Jahrzehnten tausende ABM-Kräfte in Lohn und Brot kamen, wird seit Monaten umgestellt. Die GAB bietet an mehreren Standorten in NRW wie Höxter, Hattingen, Datteln oder Essen und auch in den neuen Bundesländern Recyclingbörsen, Einkaufsdienste, Reparaturarbeiten oder Renovierungsservice an. Hunderte von Beschäftigungsverhältnissen werden da nach Angaben von GAB-Geschäftsführer Wolfgang Kühme jetzt verändert. Allein in Bielefeld habe man neben 185 regulär Angestellten und den letzten ABM-Kräften schon rund 100 „Ein-Euro-Jobber“, die nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. „Glücklich bin ich nicht damit“, sagt der GAB-Leiter, „wenn ich allein an die Betroffenen denke“. Aber er versucht das beste draus zu machen. „Qualifizierung und sozialpädagogische Betreuung und Beratung sind weiterhin ein wichtiger Bereich“, so Kühme.
Solche Fördermaßnahmen bietet ebenso die Gütersloher Arbeitslosen-Selbsthilfe an. „Wir haben da eine ganze Palette von Programmen für verschiedene Zielgruppen wie Langzeitarbeitslose, Ältere oder Jugendliche“, erklärt Wolfgang Terwey. So gibt es für junge Menschen mehrere spezielle Berufsvorbereitungen. In der hauseigenen Tischlerei, der Radstation oder einer PC-Werkstatt bekommen sie handwerkliche Fähigkeiten vermittelt. Daneben machen sie für einige Wochen Betriebspraktika in Firmen, werden in Kleingruppen geschult und bekommen viele Tipps für Bewerbungen.
Ob das fruchtet, weiß Anne Kerber von der Arbeitslosen-Selbsthilfe zwar noch nicht: „Aber aus unseren bisherigen Erfahrungen kann ich sagen, dass wir im Durchschnitt 50 Prozent aller Teilnehmer in Arbeit und Ausbildung vermittelt haben.“ Schwieriger ist es für ältere Arbeitslose. Hier müssen sich die Berater zunächst mit vielen Enttäuschungen befassen und viele erst einmal psychisch aufrichten und motivieren.
Aber auch bei der Integration von älteren Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt muss der Beschäftigungsträger Erfolge zeigen, denn sonst gibt es keine Förderung für all diese Angebote von der „GT aktiv“, der neuen Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Kreis Gütersloh und der Arbeitsagentur. 300 Euro pro Monat und Ein-Euro-Jobber erhält der Beschäftigungsträger. Noch ist die Arbeitslosen-Selbsthilfe aber optimistisch, für viele Hilfesuchende Arbeit oder Ausbildung zu finden. Auch für die letzten ABM- Kräfte wie Niels Thoms hofft man, bis Ende März einen Job zu finden. „Wenn nicht“, sagt Thoms, „bleibt nur der Weg zur Arbeitsagentur.“ Bei der Arbeitslosen-Selbsthilfe kann er dann erst wieder nach einem Jahr anfangen, falls er keinen Job gefunden haben sollte. Dann aber kann man ihn dort nur noch als Ein-Euro-Kraft nehmen.