Kinder spielen, Mütter lernen

In der Kindertagesstätte Gernsheimer Straße besuchen Migrantinnen, die zum Teil seit Jahren in Köln leben, Deutschkurse. Ihre Kinder werden nebenan betreut. Die Zukunft des Projekts ist unsicher

VON CILER FIRTINA

Sevim Yesilyurt strahlt. „Endlich kann ich mein Kind allein zum Kinderarzt bringen“, erzählt sie. Die junge Mutter von drei Kindern, die seit zwölf Jahren in Deutschland lebt, hat zum ersten Mal einen Deutschkurs besucht. In der Kindertagesstätte Gernsheimer Straße in Köln-Ostheim hat sie seit Januar 2003 zusammen mit neun weiteren Frauen zwei mal wöchentlich in jeweils zwei Unterrichtsstunden deutsche Vokabeln und Grammatik gelernt – jetzt hält sie das Abschlusszertifikat in der Hand.

Auch Günay Salman freut sich. Vor 15 Jahren kam sie als so genannte „Heiratsmigrantin“ nach Deutschland, bekam zwei Kinder und sprach nur wenig Deutsch. Mit dem Kurs veränderte sich auch ihr Leben. Die vorher schüchterne Frau ist mutiger geworden. „Ich nehme als Begleiterin an den Ausflügen der Klasse meines Kindes teil und kann der Lehrerin Fragen über mein Kind stellen. Vorher habe ich mich das nicht getraut“, sagt sie.

Wichtiger Kooperationspartner des Projekts sind die Kindertagesstätten. „Für uns ist es wichtig, dass wir mit den Müttern sprechen können“, sagt Anne Tenten, Leiterin der Kita in der Gernsheimer Straße. „Die Anbindung des Kurses an die Kita war sicherlich mit ausschlaggebend für den Erfolg, denn dies ist ein Ort, den die Frauen kennen und wo sie sich sicher fühlen.“ Der Kurs lässt sich mit dem Alltag der Frauen zwischen Kindergarten, Schule und Haushaltspflichten gut vereinbaren.

Birgit Richter-Schöneberg vom Interkulturellen Dienst des Bezirksjugendamtes Kalk hatte die Idee zu diesem ungewöhnlichen Projekt. Auf der Suche nach Möglichkeiten der Sprachförderung für Mütter in Kalk entwickelte sie in Kooperation mit dem Internationalen Bund für Jugend- und Sozialarbeit e.V. (IB) und den Kindertagesstätten die Idee, Müttern in der Kindertagesstätte ihres Kindes Deutschkurse zu erteilen. Der IB finanziert und unterstützt die Kursleiterin fachlich, die Kita stellt den Raum zur Verfügung. „So wird mit relativ wenig Geld Großes geleistet“, sagt Richter-Schöneberg stolz. Unter den Kursteilnehmerinnen waren auch Analphabetinnen. In dem niedrigschwelligen Angebot haben sie nicht nur Grundkenntnisse der deutschen Sprache erworben, sondern lesen und schreiben gelernt.

Ein Wermutstropfen ist die Ungewisheit über die Fortsetzung des Kurses. Alle Teilnehmerinnen haben einen Antrag auf einen Berechtigungsschein für einen Deutschkurs gestellt. Jetzt aber müssen sie auf Post vom Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge warten, erklärt Alfons Schophuis, Leiter des IB-Sprach- und Bildungszentrums in der Mozartstraße.

In Köln stünden den so genannten Bestandsausländerinnen und -ausländern nur 772 Plätze zur Verfügung, kritisiert Schophuis. Das neue Zuwanderungsgesetz verpflichte besonders gerade angekommene Migranten zu Deutschkursen. Weitere 538 Plätze seien für diejenigen bereitgestellt, die unter die Hartz-IV-Regelungen fallen und zur Teilnahme an einem Deutschkurs verpflichtet werden können. Für Kölns hohen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund aber sei das längst nicht ausreichend.

Auch ist die Erteilung der Berechtigungsscheine durch keinerlei Kriterien geregelt, bedauert Schophuis. „Ob die Frauen ihren Kurs fortsetzen und auf dem Erlernten aufbauen können, ist damit leider völlig ungewiss.“