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Archiv-Artikel

Schwarz-Gelb beharrt auf Turbo-Abi

SCHULGESETZ Trotz breiter Proteste hält die niedersächsische Landesregierung an geplanter Schulreform fest. Die bringt das Turbo-Abitur an Gesamtschulen und das Aus für die volle Halbtagsgrundschule

„Die Regierung kann ihren Konfliktkurs nicht durchhalten“

GEW-Landeschef Eberhard Brandt

Es war die ganz breite Front der Ablehnung: Von der Industrie- und Handelskammer bis zur Linkspartei ließ auf der zweitägigen Anhörung über die Schulreform kein Verband, keine Organisation, keine Partei ein gutes Haar an den Plänen der niedersächsischen Landesregierung. Eltern- und Schülerverbände, DGB und GEW, Grüne und Rote forderten den Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) einhellig auf, weder das Turbo-Abitur nach zwölf Jahren an den Gesamtschulen einzuführen noch die „volle Halbtagsgrundschule“ abzuschaffen.

Im Landtag sind bislang annähernd 5.000 Petitionen gegen das geplante Schulgesetz eingegangen, 800 allein an diesem Dienstag. „Das ist schon eine gewaltige Dimension, das haben wir in dieser Größenordnung noch nicht erlebt“, sagt Parlamentssprecher Franz Rainer Enste über die Briefflut.

Aller Protest scheint jedoch vergebens. „Im Grundsatz wird sich an dem Entwurf nichts mehr ändern“, erklärte der schulpolitische Sprecher der CDU, Karl-Ludwig von Danwitz, nach Ende der Anhörung am Dienstag. Weshalb die Linkspartei die Anhörung als „demokratische Farce“ bezeichnet. Die Schulexpertin der Grünen-Fraktion, Ina Korter, sagte, man könne Politik „auf Dauer nicht gegen die Mehrheit der Beteiligten machen“. Auch Landeselternratssprecher Pascal Zimmer zeigte sich „fassungslos über die Ignoranz der Landesregierung“.

„Die Regierung kann ihren Konfliktkurs nicht durchhalten“, so der niedersächsische GEW-Chef Eberhard Brandt. „Ohne Kooperation mit den Verbänden ist dieses Schulgesetz nicht durchsetzbar.“ Trotz des offiziellen Schulterschlusses gebe es in der CDU hinter vorgehaltener Hand Kritik an der Reform. Am 17. Juni werde es deshalb zu neuen Protesten gegen die Novelle und die Lehrer-Unterversorgung in Niedersachsen kommen. Die GEW und die anderen Gesetzeskritiker fordern nun einen „Bildungsgipfel mit allen Beteiligten“ – aber auch nur falls „das Kabinett seinen Gesetzentwurf in die Schublade legt“.

Davon will von Danwitz nichts wissen: Bis zur Verabschiedung des Gesetzes – die noch vor der Sommerpause geplant sei – sei „ein Bildungsgipfel nicht sinnvoll“. MARCO CARINI