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Archiv-Artikel

Neonazis gegen V-Leute

Heute demonstrieren in Hamm Rechtsradikale aus der Region gegen eine Ausstellung des Verfassungsschutzes

HAMM taz ■ „Leider besteht für ein Verbot der Demo kein Raum.“ Sichtlich unzufrieden muss der Hammer Polizeipräsident Erich Sievert die rechte Demonstration genehmigen. Von Demonstrationstourismus spricht die Polizei – denn angemeldet wurde die Demo von einer Dortmunder Szeneaktivistin. Und auch die meisten Teilnehmer kommen laut Polizei aus Dortmund. Ursprünglich war die Demo am 27. Januar geplant. Das konnte die Polizei wegen des Holocaust-Gedenktages verhindern; für ein Verbot kurz davor fehlt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts jedoch die Grundlage.

Offizielle Zielscheibe der Rechten ist der Verfassungsschutz. Denn der zeigt in Hamm gerade seine Ausstellung „Die Braune Falle“. In der gut gemachten Schau im Friedrich-List-Kolleg wird der Werdegang des fiktiven Szenemitglieds Mario S. gezeigt, der Anschluss an Neonazis findet und schließlich kräftig mitprügelt. Mit Film- und Tondokumenten untermalt, ist die Ausstellung eine Art modernes Gruselkabinett.

Allerdings klammert der Dienst die unrühmliche Rolle seiner eigenen V-Leute bei Straftaten aus. Nachdem Mario S. bei einer Prügelei drei Ausländer krankenhausreif schlägt, schafft er den Ausstieg – Ende gut, fast alles gut.

Denn die Ausstellung nutzen die echten Braunen zu ihrer Demonstration „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit – Verfassungsschutz abschalten“. Ab 19 Uhr wollen sie vom Hammer Hauptbahnhof aus in die Nähe der Ausstellung im Hammer Westen ziehen. Dass das Viertel einen hohen Ausländeranteil hat, ist sicher ein willkommener Nebeneffekt. Nach einer Kundgebung soll es zurück zum Bahnhof gehen.

Schneller als die Stadt Hamm ist die Gegendemo der Grünen Jugend, der Jusos, der Antifa und der Gewerkschaft Verdi. Während die Kommune die Rechtsradikalen offiziell ignoriert, meint Marco Grenz, Sprecher der Grünen Jugend in Hamm: „Die Stadt hat zweimal versucht, das zu ignorieren und ist schon zweimal damit gescheitert.“

Um 16 Uhr 30 treffen sich die Teilnehmer am Synagogendenkmal auf dem Santa-Monica-Platz und ziehen von dort aus durch die Fußgängerzone in den Hammer Westen.

HARALD SCHÖNFELDER