Eine letzte Chance, Nazi-Täter zu finden

Das Simon-Wiesenthal-Center ruft dazu auf, Nazi-Verbrecher zu melden – damit sie endlich bestraft werden können. Seit 1962 ist etwa der KZ-Lagerarzt Aribert Heim auf der Flucht. Sein Vermögen liegt immer noch bei einer Berliner Bank

Es ist die letzte Chance, noch lebende Nazi-Täter zu fassen und zu vor Gericht zu bringen – und das Simon-Wiesenthal-Center will sie nutzen. Nicht nur die Opfer, auch die Täter werden immer älter. Wie groß der Aufklärungs- und Verfolgungsbedarf auch 60 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus ist, zeigt ein Zahlenvergleich, den Wiesenthal-Aufklärer Efraim Zuroff zieht. Hunderttausende Deutsche hätten Verbrechen begangen – verurteilt wurden bislang aber nur 7.000. Zuroff rechnet mit mehreren tausend noch lebenden Verdächtigen in Deutschland.

Die „Operation Last Chance“ läuft seit Juli 2002 in mehreren europäischen Staaten. Mehr als 300 Hinweise hat es seitdem gegeben, knapp 80 Fälle wurden an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben. Mehr als zwei Dutzend Nazi-Verbrecher seien verurteilt worden, so Zuroff. „Es ist immer noch möglich, sie zur Verantwortung zu ziehen.“ Aber die Zeit laufe jetzt davon. Deshalb sei die Operation Last Chance so wichtig.

Einer der bedeutendsten Fälle der Nazi-Jäger bezieht sich auf Berlin: Seit 1962 ist der ehemalige Lagerarzt des KZ Sachsenhausen Aribert Heim auf der Flucht. Der 1914 in Österreich geborene Heim soll hunderte Juden getötet haben. Nach 1945 habe er als Frauenarzt in Baden-Baden gearbeitet, seit 1962 ist er untergetaucht. Dass er noch lebt, folgert das Wiesenthal-Center aus der Tatsache, dass das Vermögen des ehemaligen KZ-Arztes in Höhe von einer Million Euro immer noch bei einer Berliner Bank liege.

Das Simon-Wiesenthal-Center will sich nun unter anderem in Anzeigen an die Öffentlichkeit wenden. Für Hinweise hat es eine Telefon-Hotline geschaltet. Zudem können Meldungen über das Internet abgegeben werden. Die Nazi-Jäger haben für Hinweise, die zur Verurteilung eines Täters führen, eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt. Vielleicht kann das ja helfen, dass der eine oder andere Verwandte oder Bekannte von Nazi-Tätern 60 Jahre nach den Morden endlich den Mund aufmacht. Oder – falls er etwas ahnt – erst einmal beginnt, Nachforschungen über die Vergangenheit der Familie oder des Bekanntenkreises anzustellen. ROT

Hinweise an: (0 30) 695 695 54 oder www.operationlastchance.com