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Archiv-Artikel

Meister Proper putzt die Dreifachklingen

Procter & Gamble will Gillette für 57 Milliarden US-Dollar übernehmen. Das freut den Großaktionär und sorgt bei der Belegschaft für Unruhe. Denn 6.000 Stellen sollen weltweit wegfallen. Auch deutsche Standorte dürften betroffen sein

VON STEPHAN KOSCH

Der Riese nimmt viel Geld in die Hand und wächst noch weiter. Für 57 Milliarden US-Dollar will der weltweit größte Kosmetik- und Konsumgüterhersteller Procter & Gamble (P&G) den vor allem für seine Rasierer bekannten Hersteller Gillette kaufen. Procter und Gamble setzt mit seinen 16 Marken, darunter so bekannte wie Ariel, Meister Proper, Pampers und Tempo, bereits jetzt über 50 Milliarden US-Dollar um. Nun kommen rund 10 Milliarden hinzu, durch den Verkauf von Duracell-Batterien, Mach-Rasierern und Braun-Elektrogeräten – alles hergestellt von Gillette. Viele der Marken gelten als „Blockbuster“ mit mehr als einer Milliarde US-Dollar Umsatz.

Mit der Übernahme will P&G aber nicht nur seine Spitzenposition in der Branche vor dem niederländisch-britischen Konzern Unilever sichern, sondern langfristig auch Kosten sparen. Das Einsparpotenzial bezifferte P&G auf 14 bis 16 Milliarden Dollar. Für den Börsenguru, Milliardär und Gilette-Großaktionär Warren Buffet ein „Traum-Deal“. Anders dürften das die 6.000 Mitarbeiter sehen, deren Stellen in den kommenden Jahren wegfallen sollen. Noch sind bei beiden Unternehmen zusammen 140.000 Menschen beschäftigt.

Inwieweit von dem Stellenabbau auch Deutschland betroffen ist, blieb gestern unklar. 6.500 Mitarbeiter arbeiten hierzulande bei P&G, ebenso viele in den deutschen Gillette-Betrieben. Dabei ist Gillette nicht die erste Übernahme der Amerikaner in Deutschland. Im vergangenen Jahr schluckten sie bereits die Wella AG. In der Folge gingen bei dem Shampoo-Hersteller Stellen verloren. Nun sind mit Wella, Gillette und P&G drei deutsche Verwaltungen für einen auf Rendite getrimmten US-Konzern vorausichtlich zu viel. Auch im Marketing und Vertrieb wird es bald Parallelstrukturen geben. Inwieweit Produktionsanlagen zusammengelegt werden können, ist noch offen. Die Arbeitnehmerverteter sind offenbar noch nicht über die weiteren Pläne informiert worden „Die Erfahrung mit Procter & Gamble zeigt aber, dass dieser Konzern in der Vergangenheit in der Regel aus zwei eins macht“, hieß es gestern in deutschen Unternehmerkreisen auf taz-Anfrage.

Hintergrund der Fusion ist der harte Wettkampf in der Branche. Je größer ein Konzern ist, desto besser ist seine Verhandlungsposition mit den großen Supermärkten und den Chemieproduzenten, die die Zutaten für Waschmittel und Cremes liefern. Gewinne und Marktmacht steigen. P&G ist in der Branche schon durch sein aggressives Marketing bekannt, nun dürften die Konkurrenten weiter unter Zugzwang gesetzt werden.

Das sah die Börse gestern auch so. Weitere Übernahmeszenarien wurden durchgespielt: Vielleicht hat P&G weiterhin Appetit und peilt eine Übernahme von Beiersdorf an, die mit „Nivea“ auch einen ziemlichen Verkaufsschlager im Repertoire haben? Immerhin hatten das die Amerikaner schon mal probiert. Vielleicht kommt ihnen dabei aber auch Henkel zuvor? In Frankreich gewannen die Aktien des Einwegrasierer-Herstellers BIC, in Großbritannien waren plötzlich die Papiere des weltweit größten Putzmittelherstellers Reckitt Benckiser gefragt. Schließlich könnte ja auch er demnächst von den Amerikanern übernommen werden.

Noch ist der Kauf nicht perfekt. Denn noch müssen die Aktionäre das Angebot annehmen, bei dem sie ihre Aktien in P-&-G-Papiere umtauschen können. Und zudem müssen die Kartellbehörden noch zustimmen. Das gilt allerdings als unproblematisch. Denn bei Rasierern und Batterien ist P&G bislang nicht sehr stark.