Jauchzen in Baden

Beim Sieg des SC Freiburg gegen den VFL Wolfsburg überzeugen die Neuzugänge und ein Wiedergenesener

FREIBURG taz ■ Nun kann man natürlich nicht so tun, als ob wirklich schon etwas gewonnen wäre. Geräumig ist der Abstand in der Tabelle nach wie vor zu dem Bereich, in dem einem die Sonne wieder zu lachen beginnt. Aber es war ein fröhliches Jauchzen im Badenova-Stadion, als der 1:0-Erfolg des SC Freiburg gegen Wolfsburg feststand. Es war das Ende einer tiefen Nacht, die am 28. Oktober über Freiburg gekommen war mit dem ersten von neun Spielen in Folge, die der Sport-Club nicht mehr gewinnen sollte.

Gründlich abgerechnet worden ist seither mit dem Modell Freiburg, die sportliche Talfahrt wurde gleichgesetzt mit dem Ende einer Idee vom Fußball, ein Langzeittrainer tief gekränkt in die Winterpause geschickt. Doch nun lässt sich feststellen: Es ist Hoffnung. Jener Trainer Volker Finke, wahlweise vom Tagesspiegel als „verbitterter Alt-Linker“ abgeschrieben oder von taz-Chefredaktionsmitglied Peter Unfried in einer Kolumne trotzig zum „Trainer des Jahrzehnts“ ausgerufen, sollte jedenfalls nicht unterschätzt werden. Es sieht ganz danach aus, als ob die personellen Korrekturen anschlagen.

Da ist Otar Khizaneishvili, der wie schon in Rostock nun auch gegen Wolfsburg einen fabelhaften Innenverteidiger spielte – kopfballstark und ein Bär im Zweikampf, sicher im Stellungsspiel und – anders als in der Fachpresse weisgemacht – mit einem rechten Fuß ausgestattet, der ihm einen gepflegten Umgang mit der Kugel ermöglicht.

Die neu formierte Viererkette komplettierten der vergleichsweise schon alteingesessene 21-jährige Sascha Riether, der vergangenen Sommer aus dem Libanon geholte Youssef Mohamad und Andreas Ibertsberger. Der gilt als Shootingstar des österreichischen Fußballs, hat sich gerade einen Platz in der Nationalmannschaft erobert und bringt nicht nur mit der Mischung aus Unerschrocken- und Überlegtheit, sondern auch mit seinem blonden Schopf alles mit, um die Lücke eines Publikumslieblings zu schließen, die nach dem Wechsel von Tobias Willi nach Salzburg entstanden ist.

Diese Spieler tragen dazu bei, dass das Freiburger Abwehrverhalten – bei der Schussfahrt des Sport-Clubs ans Tabellenende völlig aus der Spur geraten – wieder stimmt. Keineswegs sei verschwiegen, dass der VfL Wolfsburg in einer niveauvollen und abwechslungsreichen Partie genügend Möglichkeiten besessen hat, selbst in Führung zu gehen, und Richard Golz musste kurz vor Schluss noch einmal seine knapp zwei Meter lang machen, um mit den Fingerspitzen einen mächtigen Petrov-Freistoß zu entschärfen. Aber Zlatan Bajramovic fand eine einfache Formel für den Charakter des Spiels: „Wer wie wir mit dem Mut zum Risiko spielt, der muss auch Chancen des Gegners in Kauf nehmen.“

Bajramovic gehört neben den Hinzugekommenen zu denen, die der zarten Pflanze Hoffnung in Freiburg einen Namen geben. Und gewissermaßen gehört der Bosnier nach einer schier unendlichen Krankengeschichte auch zu den Neuverpflichtungen des Winters. „So weit die Beine tragen“, lautete der Auftrag an ihn, und sie trugen ihn bis zur 57. Minute, als er wild entschlossen, wie es seine Art ist, einer Eckballflanke von Levan Tskitishvili entgegenstürmte und die Kugel mit der Stirn diagonal ins Netz schmetterte.

Es war der entscheidende Moment in einem Spiel, in dem Wolfsburgs Coach Erik Gerets beklagte, dass seine Mannschaft – nun mit sechs Auswärtsniederlagen in Serie gebrandmarkt – mal wieder „die Punkte weggeschmissen“ habe. Es war auch das erste Tor in dieser Saison, das die Freiburger aus einem ruhenden Ball erzielten. Das letzte – fast identische – stammte in der vergangenen Saison übrigens auch von Bajramovic, weshalb man Volker Finke sehr wohl folgen konnte, als er anmerkte: „Vielleicht kann jemand nachempfinden, wie sehr er uns in der Vorrunde gefehlt hat.“

Nun wird es Bajramovic allein nicht richten können, aber ein Erfolg dieser Art kann badische Kräfte wecken. „Punkte sammeln, Punkte sammeln“, wiederholte Finke, und dabei nicht auf die Tabelle schauen. Das will er erst wieder im Mai tun. Bis dahin. CHRISTOPH KIESLICH