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Archiv-Artikel

Rettungseinsatz gegen Beförderungsstau

Mit einer Stellenanzeige wehren sich 54 Wuppertaler Feuerwehrmänner gegen den Beförderungsstau. Die bergische Stadt verweist auf die klamme Haushaltslage. Tatsächlich könnten reichere Kommunen die Beamten abwerben

WUPPERTAL taz ■ Bei der Wuppertaler Feuerwehr raucht es im eigenen Haus. „54 Beamte der Wuppertaler Feuerwehr ohne Aussicht auf funktionsgerechte Besoldung suchen neue Wirkungsstätte“ war am Wochenende in einer Stellenanzeige in den Lokalzeitungen zu lesen. Der Grund: Die Brandbekämpfer stecken im Beförderungsstau. Dutzende Wuppertaler Beamte arbeiten derzeit nicht in dem Dienstgrad, der ihnen laut Beamtenstatut zusteht. Es geht um bares Geld. Neben den „normalen“ Brandbekämpfern im mittleren Dienst haben sich auch zehn Beamte des gehobenen Dienstes der Aktion angeschlossen. Auch in vielen Rettungszentralen der Ruhrgebietskommunen gärt es. Heute beschäftigt sich der Landtagsausschuss für Innere Verwaltung mit dem Beförderungs-Problem.

Bei der Stadt Wuppertal sieht man sich nicht in der Schuld: Kämmerer Johannes Slawig verweist auf die Landesregierung. Solange die Stadt ein Haushaltssicherungskonzept fahre, müsse jede Beförderung eben vom Düsseldorfer Innenministerium genehmigt werden. Die Wehrleute wollen dennoch nicht für die leere Kasse der Stadt büßen: „Wenn wir Angebote aus Kommunen bekommen, die uns eine Perspektive bieten, werden viele von uns gehen“, heißt es aus Reihen der Rettungskräfte.

Der Aufstand der Blauröcke könnte für die Stadt in einem Desaster enden. Die 54 Beamte stellen fast 20 Prozent der Berufsfeuerwehrmänner in der bergischen Metropole. Darunter sind hoch qualifizierte Fachkräfte wie EDV-System-Administratoren oder der Gefahrstoffbeauftragte. Die Chancen der Wehrleute, einen neuen Arbeitgeber zu finden, stehen nicht schlecht. Reiche Städte wie Düsseldorf würden gut ausgebildete Rettungskräfte gern nehmen – denn selber ausbilden ist teuer: Bis zu 100.000 Euro kostet die Qualifikation eines Wehrmannes, schätzen Experten. Und die Zahl junger Leute mit Lust auf einen 24-Stunden Job bei mäßiger Entlohnung ist gering. Etwa 2.000 Euro brutto bringt ein normaler Feuerwehrmann mit nach Hause. Die geforderten Beförderungen würden zwischen 150 und 600 Euro mehr pro Nase bringen.

Im Kollegenkreis ist die Sympathie mit der halben Hundertschaft aus Wuppertal groß. „Dann wollen wir mal hoffen, dass die Herren in Düsseldorf begreifen, dass das Abwandern der Kollegen teurer wird, als die Beförderungssperre aufzuheben“, heißt es in einer Solidaritätserklärung im extra eingerichteten Internetforum.

In den großen Kommunen des Ruhrgebiets ist die Lage der Feuerwehrbeamten ähnlich bescheiden wie in Wuppertal. In Gelsenkirchen wurde schon im letzten Jahr eine ähnliche Aktion gestartet. Besonders krass soll laut Beamtengewerkschaft komba die Situation in Oberhausen sein.

Ein Wetteifern um Rettungskräfte zu Gunsten der reicheren Städte kann indes niemand wollen. Deswegen haben sich Innenministerium und komba bereits auf Gespräche verständigt. „Sonst haben wir in fünf Jahren Probleme, Stellen bei der Feuerwehr überhaupt zu besetzen“, unkt Eckhard Schwill, komba-Feuerwehrexperte.

Schwill ist heute zu einer Anhörung im Verwaltungsausschuss des Landtags geladen. „Ich hoffe da auf einen Wink des Innenministeriums“, sagt Schwill: „Ansonsten weiß ich nicht, wie wir die Feuerwehrleute ruhig halten sollen.“ Komba möchte eine Aufhebung des Beförderungsstopps vor allem für den mittleren Dienst erreichen. „Sonst verdienen Feuerwehrleute bald auf Sozialhilfeniveau“, glaubt der Gewerkschafter. SVEN PRANGE