: Tiefblick in die Statistik
Familieninterventionsteam (FIT) zog Bilanz. Weniger neue Meldungen über kriminelle Kinder als 2003. Acht Mal geschlossene Unterbringung für Mädchen
Die für Anfang Januar geplante Zweijahresbilanz des geschlossen Heims in der Feuerbergstraße fiel bekanntlich aus. Gestern nun bot Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) dafür einen tiefen Blick in die Statistik des Familieninterventionsteams (FIT), welches seit Januar 2003 Meldungen über alle von Jugendlichen begangenen Straftaten registriert und die Kinder anschließend ins Jugendhilfssystem sortiert.
Die positive Botschaft: Die Zahl der neu gemeldeten Kinder ging 2004 zurück. Waren im Jahr davor noch knapp 900 Minderjährige gemeldet worden, so waren es im vergangenen 641. Schnieber-Jastram warnte aber vor Selbstlob. Ob der Rückgang dieser Zahl ein Erfolg ihres konsequenten Vorgehens sei, könne „noch nicht seriös“ geschätzt werden, da es zum Start des FIT viele „Altfälle“ gegeben habe, um die sich zuvor niemand kümmerte.
Die CDU-Senatorin bezeichnete ihr Konzept gleichwohl als alternativlos: „Mit Kuschelpädagogik und freiwilligem Zugang werden wir die Kinder- und Jugenddelinquenz nicht in den Griff bekommen.“ Ein weiterer „großer Erfolg“ sei, dass 70 Prozent der 2003 Gemeldeten in 2004 nicht wieder auffielen. Wobei allerdings der Nachweis fehlt, dass dies ohne FIT nicht genauso gewesen wäre.
Aktuell zuständig sind die mittlerweile 25 FIT-Sozialarbeiter derzeit für 383 Kinder, weil die Akten jener, die schon fast volljährig sind oder als „leichtere Fälle“ eingestuft werden, in die Zuständigkeit der bezirklichen Jugendämter fallen. Für die 188 neuen Kinder wurden in 2004 in 32 Fällen bei Gericht Anträge auf geschlossene Unterbringung gestellt. Dies wurde fünf Mal abgelehnt und 13 Mal gestattet, in den übrigen Fällen ist noch nicht entschieden. In den letzten zwei Jahren wurde damit 58 Mal das Wegschließen beantragt.
Eine neue Qualität hat offenbar der Umgang mit „auffälligen“ Mädchen: Von 29 Anträgen bezogen sich acht auf Mädchen. Der in der Sozialbehörde zuständige Referent Dirk Bange erklärte, Mädchen begingen häufiger als früher Körperverletzungen: „Darauf reagiert die Behörde unter anderem mit dem Angebot im Allgäu.“ Zwar hat die Rudolf-Ballin-Stiftung als Träger des neuen Mädchenheims in den Alpen in seinem Konzept just die Unterbringung gewalttätiger Mädchen ausgeschlossen. Darin sieht Bange allerdings keinen Widerspruch. „Es kommt auf den Einzelfall an“, erklärte er: „Mädchen, die gewalttätig sind, müssen in einem anderen Umfeld keine Auffälligkeiten aufweisen.“
Das Konzept der Ballin-Stiftung wird heute Abend im Jugendausschuss der Bürgerschaft debattiert. Die GAL-Abgeordnete Christiane Blömeke erklärte zur FIT-Bilanz, sie enthalte „nichts Neues“ und warf der Senatorin vor, Jugendhilfe immer deutlicher in den „Kontext von Kriminalitätsbekämpfung“ zu stellen.
Kaija Kutter