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Archiv-Artikel

Zwei zauberhafte Schwestern

MUSIK CocoRosie gehören zu den unumstrittenen Darlings des Hypes um neue traditionshaltige Pop-Musik und spielen am heutigen Samstag in Bremen

CocoRosie 

Das Duo veröffentlichte vor zwei Jahren das Album „The Adventures Of Ghosthorse And Stillborn“. Sierra Casady spielt außerdem in der Band „Metallic Falcons“, die auf dem Label Voodoo Eros ihrer Schwester veröffentlichen. Bianca und Sierra Casady leben in Paris.

VON ANDREAS SCHNELL

Es war das große Ding, vor fünf Jahren, als Devendra Banhart und Joanna Newsom mit ihren Schallplattendebüts das große Kribbeln auslösten, das die einschlägige Presse immer dann befällt, wenn sich irgendwo so etwas wie eine Bewegung zu formieren scheint. Auch ein Duo namens „CocoRosie“ veröffentlichte damals sein erstes Album. Gemeinsam war den dreien ein außerweltlicher Gestus, der Gebrauch akustischer Gitarren und Anleihen an die träumerische Seite der Hippie-Ästhetik.

Und wo eine Bewegung sein könnte, muss auch ein Name dafür her. Das britische Magazin Wire prägte den Begriff „New Weird America“, etwas handlicher nannten andere es „Freak Folk“, was sich durchsetzte, aber schon bald denen missfiel, die damit bezeichnet wurden. So bekannte Devendra Banhart vor zwei Jahren in einem Interview mit dem Rolling Stone, er spiele einfach Rock‘n‘Roll.

Bei allen Schwierigkeiten, die ein neues musikalisches Phänomen begrifflich mit sich bringt, machte nicht nur das Label Freak Folk Karriere. Auch die darunter gefassten Musiker konnten zu einem nicht geringen Teil damit recht gut leben. Sogar vergleichsweise entlegenen musikalischen Entwürfen wurde auch in Mainstream-Medien Aufmerksamkeit zuteil. Man denke nur an das New Yorker „Animal Collective“, an dessen einzigartiger Musik zwischen „Beach Boys“, „Incredible String Band“, Tropicalia und zeitgenössischer Elektronik kein Blatt vorbeikommt, dass sich auch nur für annähernd stilbewusst hält. Mittlerweile scheint der mittelschwere Hype einigermaßen abgefrühstückt zu sein. Zwar führte das Interesse an eher randständigen, musikalischen Traditionen ähnlich wie bei Anti-Folk zu einer Fülle ungemein spannender Musik. Allerdings findet vieles davon (wieder) unter Ausschluss einer breiten Öffentlichkeit statt. Die Protagonisten des Freak Folk allerdings konnten nicht zuletzt dank stilistischer Unberechenbarkeit ihren Erfolg konservieren. „CocoRosie“, die Schwestern Bianca und Sierra Casady, die in der klassischen Sehnsuchtsstadt für amerikanische Künstler, in Paris, begannen miteinander zu musizieren, zählen nicht nur dank der Vermarktung ausgewählter Songs in der Werbung zu den Lieblingen aufgeschlossener Pop-Hörer. Wohl, weil ihre Musik zwar durchaus verschroben ist, zwischen Blues, HipHop, Operngesang und der Verwendung obskurer Instrumente, aber dabei immer einen versponnen-freundlichen Zugang bietet, der sich auch der charmanten Selbstdarstellung der Schwestern verdankt.

Samstag, 13.6., 20 Uhr, Schlachthof