: Kölns SPD holt sich Verstärkung
Beim Politischen Aschermittwoch der Kölner SPD treten Jürgen Becker und Brings im Vorprogramm des Top Acts aus Berlin auf. Auch SPD-Prominenz aus NRW bereitet Kanzler Schröder das Feld
VON DIRK ECKERT
„Geht doch arbeiten!“ Das Häuflein Hartz-Gegner versucht mit Humor, die zahlenmäßige Unterlegenheit wett zu machen. Doch bei den hunderten von SPD-Anhängern, die am Mittwoch Vormittag vor dem Kölner Gürzenich bis um die nächste Ecke Schlange stehen, haben sie auch mit ironischen Beschimpfungen keinen Erfolg. „Wer soll denn noch was kaufen für einen Euro die Stunde“, agitiert eine Demonstrantin. „Dummheit ist nicht ansteckend“, kontert einer der Wartenden.
Die sozialdemokratischen Massen zieht es heute eher zu Bundeskanzler Gerhard Schröder, der im Gürzenich seine Rede zum Politischen Aschermittwoch hält, als zur Wahlalternative, die auch mit einem Transparent da ist und von der Polizei auf Distanz gehalten wird.
Mit deutlich größerem Budget als die Hartz-Gegner versucht es zur gleichen Zeit die CDU. Rund um den Gürzenich hat sie die Gesichter von Schröder, NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück und vom SPD-Landesvorsitzenden Harald Schartau plakatiert – jeweils mit Narrenkappe und dem Spruch „Dreimol Null is Null bliev Null“ dazu. Die SPD hat einige der Schilder in Eingangsnähe mit weißen Tischdecken verhüllt. Ob die CDU damit gerechnet hat? Sie lässt das Plakat auf einem kleinen Lieferwagen immer und immer wieder um den Gürzenich fahren.
Drinnen füllt sich derweil der Saal. 1.200 bis 1.300 Gäste werden gezählt, darunter ist viel lokale SPD-Prominenz, vom SPD-Urgestein Hans-Jürgen Wischnewski bis zum jungen Parteivorsitzenden Jochen Ott. Und dann kommen die ersten Stars auf die Bühne: die Kölner Band Brings. „Wir können gar nicht glauben, dass wir hier auf der Bühne stehen“, beginnt Frontmann Peter Brings etwas zögerlich den Auftritt vor den Sozis. Um dann als ersten Song anzukündigen: „Man müsste noch mal zwanzig sein“.
Wer das nicht als Ironie versteht, schunkelt, und so dauert es keine zehn Sekunden, bis der ganze Saal mitmacht. Nach dem Gassenhauer „Poppe, kaate, danze“ appelliert Peter Brings dann doch noch ans soziale Gewissen der Partei, mahnt, die Schwächsten nicht zu vergessen und so weiter. Auch das kommt gut an, genau so wie die „Superjeile Zick“, bei der sich das Publikum automatisch von den Stühlen erhebt. Mit einem „Viel Erfolg!“ verabschiedet sich die Band von den begeisterten Sozialdemokraten.
Der nächste Einheizer ist der Kölner Kabarettist Jürgen Becker. Er macht seinen Job gut. Fischer und Schröder kämen ihm vor „wie zwei Jungs, die nachts aus der Jugendherberge abgehauen sind, um im Dorf die Mädchen zu knutschen“, witzelt er. „Und die Merkel wirkt immer wie die Klassensprecherin, die die beiden am nächsten Tag verpetzt hat.“ Ein Brüller. Auch Jürgen Becker wünscht den Genossen am Ende viel Erfolg. Dann ziehen die großen Drei ein – gemeinsam: Schartau, Steinbrück, Schröder.
Schartau gibt sich kampfeslustig, greift den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wegen dessen Äußerungen zur NPD an. „Beim Thema Nazis hört der Spaß auf“, warnt er. Steinbrück hält dann eine Rede, die erahnen lässt, dass der Landtagswahlkampf noch eine sehr, sehr lange Angelegenheit wird. Aber das macht nichts, die Vorgruppe soll ja nicht besser sein als der Top Act. Und dann tritt der Kanzler ans Rednerpult. Künstler und Vorredner haben das Feld bestellt. Der Saal tobt.
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