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Archiv-Artikel

Finanzinvestoren auf Einkaufstour

Internationale Firmenkäufer suchen Unternehmen in Deutschland zum Erwerb. Kapitalüberhang auf den Finanzmärkten. Vor allem große Mittelständler könnten den Besitzer wechseln. Eon-Immobilientochter Viterra ist ein Verkaufskandidat

AUS HAMBURG HERMANNUS PFEIFFER

Die Investorenfirma KKR regiert in Deutschland schon über ein beachtliches Firmenimperium. Das Abfall-Unternehmen Grüner Punkt gehört ebenso dazu wie Autoteile-Unger und die Rüstungsfirma MTU. Kein Einzelfall: Internationale Finanzinvestoren peilen den Kauf weiterer Unternehmen in Deutschland an. So stehen die potenziellen Käufer Schlange bei der Immobilientochter Viterra des Energiekonzerns Eon. „Es gibt mehr Kapital, und Investoren schließen sich zusammen“, sagte der Europachef der weltgrößten Investoren-Firma KKR, Johannes Huth. „Damit werden Transaktionen zwischen fünf und zehn Milliarden Euro möglich und somit auch die Übernahme eines DAX-Unternehmens.“

Die Milliarden für sein modernes Monopoly werden durch den Verkauf von Fondsanteilen an internationale Investoren, Banken und Versicherungen hereingeholt. Huths Arbeitgeber Kohlberg Kravis Roberts – kurz KKR – beteiligt sich mit dem so eingeworbenen Kapital an erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen und versucht, nach einer harten Restrukturierungsphase, seine Anteile mit Gewinn zu verkaufen – am liebsten über die Börse. Im Fachjargon heißt dieses Geschäft „Private Equity“.

Der 100-Leute-Betrieb hat nach eigenen Angaben weltweit Geschäfte über 118 Milliarden Dollar finanziert. Der in London ansässige Huth ist voll des Lobes für den Standort Deutschland. Er begründet sein starkes bundesdeutsches Engagement mit „exzellenten Firmen, einer hohen Innovationskraft, hoch qualifizierten Arbeitskräften und hervorragenden Produkten“. Deutschlands Image ist im Ausland besser als im Inland.

Steht also ein Angriff globaler Finanzinvestoren auf hiesige Konzerne bevor? Immerhin hat die Deutsche Bank erst kürzlich vor einer Überhitzung des Private-Equity-Marktes gewarnt. Weniger dramatisch klingt Holger Frommann, Sprecher des Bundesverbandes deutscher Kapitalbeteiligungsfirmen (BVK): „Deutschland hat Nachholbedarf.“ Ein externer Investor prüfe, ob eine Firma im internationalen Konkurrenzkampf überleben könne, und konzentriere sich dann auf das fitte Kerngeschäft. Diesen Nutzen begriffen nun auch immer mehr hiesige Manager, meint BVK-Geschäftsführer Frommann, „die alte Unternehmenskultur und Mentalität wird durch die Globalisierung aufgeweicht“. Vermehrte Aufkäufe erwartet Frommann 2005 bei mittelgroßen Firmen, bei DAX-Unternehmen werden einzelne Konzernteile für Private-Equity frei werden, siehe Eon.

Gewerkschaften schätzen die Finanzinvestoren nicht sonderlich. Zu oft rationalisierten sie und bauten Arbeitsplätze ab, „sie gehen rein, machen die Bude profitabel und verkaufen sie teuer“, schimpft ein gewerkschaftlicher Aufsichtsrat. Und manchmal trifft es sogar die Bosse. So musste MTU-Chef Klaus Steffens gehen, weil KKR den Maschinenbauer lieber mit einer anderen Spitze an die Börse bringen will. Auch Professor Rudolf Hickel ist kein Fan der Firmenaufkäufer, aber, „sie machen aus der Not eine Tugend“. Die Not sind global fehlende alternative Anlagemöglichkeiten, die Zinsen sind niedrig, Aktien dümpeln vor sich hin und hochspekulative Hedge-Fonds bleiben brandgefährlich. Als Tugend – so Hickel – bleibt den Finanziers nur der „viel anstrengendere Weg“, der Einstieg ins operative Geschäft. An der Börse wird in guten Zeiten viel leichter Geld gescheffelt.

Nicht immer ist der komplizierte Weg von Erfolg gekrönt. Der Einstieg des amerikanischen One Equity Partners (OEP) bei der Kieler Musterwerft HDW – mit Besetzung des Aufsichtsrats und aktivem Einfluss auf eine Geschäftsstrategie in Richtung US-Militärmarkt – rief eine konzertierte Aktion von Politik und deutscher Wirtschaft herbei und endete in dem neuen Werftenverbund Thyssen-Krupp Marine Systems, der sich nun anschickt, die europäische Seefahrt auf EADS-Niveau hochsteigen zu lassen. Die Rendite fällt für OEP kläglich aus – verspekuliert.