: „Mein Kreis schließt sich“
Berlinale Star-Album (1): Roland Emmerich
Der nachtblaue Kreis flirrt, kurz, ein Millisekunden-Flash. Reifen quietschen. Ein Wagen hält. Weiße Turnschuhe steigen aus. Jeans. Sakko. Aufgeknöpftes Hemd. Bruce Willis, co-starring „Miami Vice“, hier auf dem roten Teppich – ein Millisekunden-Flash. Dann ist die Vision vorbei. Die Leinwand am Berlinale Palast wartet geduldig auf die Übertragung der Eröffnungsfeier, gestern Abend. Der nachtblaue Kreis – das Berlinale-Logo. Miami ist weit weg und Bruce Willis ein artiger Hollywood-Star, der in Berlin gerade den Glamour-Faktor erhöht. Mehr Hollywood ist nicht gewünscht. Es geht auch ohne. An der Baustelle „Potsdamer Platz“ soll sich der Kreis schließen: altes, neues Europa.
Roland Emmerich lächelt. Unter seiner Jeans weiße Turnschuhe. Sakko. Hemd. Nicht ganz so aufgeknöpft. Noch ein Millisekunden-Flash. Die Karriere des deutschen Regisseurs und Produzenten Roland Emmerich beginnt. Hier auf der Berlinale. Mit seinem Erstling „Das Arche Noah Prinzip“. Special Effects. Zukunfts-Horror. Klimakatastrophen-Paranoia. „Auf der Berlinale schließt sich für mich der Kreis“, sagt Emmerich. Gut zwanzig Jahre und einen Politischen-Klima-Blockbuster-Knaller später, darf Roland Emmerich, US-Re-Import-Star, den Vorsitz der Berlinale-Jury übernehmen. Es geht auch ohne Hollywood.
Draußen im Berliner Nachtgrau nieselt es weiter. Dazwischen leuchtet ein feuerroter Punkt. Sie läuft nicht, aber lächelt ganz artig. Franka Potente ist zurück in Berlin. „Mehr muss man dazu nicht sagen“, so wird sie vorgestellt. Zurück in Europa, an der Seite von Emmerich, in der Jury. Sie trägt ihren Lola-Look, mit dem sie vor sieben Jahren durch Berlin straight to USA rannte. Nur der Pony ist kürzer. „Ach der Oscar“, sagt Potente, „in L. A. ist es warm, hier kalt, Glamour sieht da anders aus.“ Aber keiner muss sich hier verstecken. Hollywood hat Wurzeln gefasst. Drinnen im Berlinale Palast suchen Kristin Scott Thomas und Joseph Fiennes im Eröffnungsfilm „Man to Man“ nach den Wurzeln des Menschen. In Afrika.
Draußen wollen viele, ganz viele ganz dringend wissen: Wie man das so aushält, diese vielen Filme zu sehen und zu bewerten? Nino Cerruti schiebt seinen Kaugummi in eine Ecke des Mundes. „I drink all day“, sagt er. Für den italienischen Mode-Designer ist es die vierte Berlinale, die erste in der Jury.
„Ich mache immer noch die gleichen Filme“, sagt Emmerich. Dann zieht er los. Und der Mann, der den Jeans-, Sakko-, Turnschuh-Look für „Miami Vice“ gelabelt hat, Mr. Cerruti, nimmt seinen ersten Drink. SUSANNE LANG