: Beirat verkommt zum Papiertiger
MITBESTIMMUNG MigrantInnenvertreter ziehen unerfreuliche Bilanz beim Integrationsbeirat
NAZIRE KARAMAN, INTEGRATIONSBEIRAT
Heute tritt er zum letzten Mal vor seiner Neuwahl im Herbst zusammen: der Landesbeirat für Integrationsfragen, den die rot-rote-Regierung 2003 ins Leben gerufen hat. Sein Zweck: MigrantInnen stärker an Entscheidungsprozessen der Verwaltungen zu beteiligen. Jede Senatsverwaltung sollte im Beirat mit einer StaatssekretärIn vertreten sein. Die anderen Mitglieder sind Bezirke, soziale Organisationen wie Gewerkschaft und Vertriebenenverband sowie sechs gewählte RepräsentantInnen der Berliner Einwanderercommunitys.
Gerade die ziehen vor der letzten Sitzung allerdings eine wenig positive Bilanz des Gremiums. Insbesondere die StaatssekretärInnen blieben den Sitzungen zu oft fern, heißt es in einem Memorandum der MigrantenvertreterInner. Zudem würden die Senatsverwaltungen kaum in den Arbeitsgruppen des Beirats mitwirken. Einige Senatsverwaltungen lehnten das sogar kategorisch ab. „Sie sehen ihre Funktion als Berater der MigrantInnen“, so die KritikerInnen: Dabei seien die Migrantenvertreter „die eigentlichen Berater im Beirat“. Der erhalte damit zunehmend eine „Alibifunktion“ als „bloßer Papiertiger“, so das Memorandum.
Auch der Umgang mit Informationen seitens der Verwaltung düpiert die MigrantenvertreterInnen: Das 2007 unter Mitarbeit des Beirats erstellte Integrationskonzept des Senats hätten sie damals einen Tag vor dessen öffentlicher Vorstellung erhalten, ärgert sich Beiratsmitglied Nazire Karaman: „Und den ersten Zwischenbericht dazu, den die Senatorin bereits Ende Mai öffentlich vorlegte, haben wir gestern einen Tag vor der Sitzung bekommen. Man braucht starke Nerven, wenn immer wieder solche Dinge passieren“, so Karaman. Sie habe deshalb „Schwierigkeiten damit“, sich noch einmal zur Wahl zu stellen.
Auch Beiratsmitglied Yonas Endrias zweifelt, ob er sich wieder wählen lassen wird. „Ich habe meiner Community nun vier Jahre lang erklären müssen, was aus unseren Forderungen etwa zum Thema Rassismus geworden ist. Ich weiß nicht, ob ich das noch weiter kann.“ Der Beirat habe nicht, wie einst angekündigt, zu einer neuen Kultur der Beteiligung geführt, so Endrias: „Man will uns als Nickverein.“
Hamid Nowzari teilt diese Kritik: Der Beirat sei eingerichtet worden, um neue Ansätze von Partizipation zu entwickeln, so Nowzari: „Da ist es Unsinn, wenn die Senatsverwaltungen sich immer wieder bemühen, den Status quo als gut zu verkaufen.“ Er will trotzdem gerne weitermachen, wenn er wieder als Beiratsmitglied vorgeschlagen und gewählt wird. Der Beirat sei noch zu retten, meint Nowzari: „Wenn die Senatsverwaltungen über ihren Schatten springen und ihre Mitarbeit ernst nehmen.“ AWI