: Der gefundene Sohn
Berlinale Star-Album (2): Lou Taylor Pucci
Lichtblicke, die echten, müssen erkämpft sein. Eine Schulter, eine sehr echte, schiebt sich immer wieder nach rechts. Verdeckt die Sicht. Hinter ihr leuchtet es. Gelb. Golden. Geborgen. Während Mutter Beimer sich doch noch über den Roten Teppich schwingt, rückt die Schulter nach links. Da strahlt es, das Gelbgoldengeborgene „M“ – auf McDonald’s ist Verlass. Auch am Potsdamer Platz.
Drinnen im Berlinale Palast, während der Eröffnungszeremonie Donnerstagabend, adoptiert Komoderatorin Anke Engelke den Leiter des Festivals, Dieter Kosslick feierlich als Papa der Berlinale. Kathrin Saß reckt den Schumi-Daumen in die Kameras. Glamour braucht Geborgenheit. The Big Festival-Family.
Zweiter Festivaltag. Zwei blaue, sehr blaue Augen blinzeln. Lou Taylor Pucci, 18 Jahre, New Jersey, USA, beantwortet Fragen. Die Sonne strahlt. Einige starren auf den Daumen des kleinen neuen Familienmitglieds. Normal. Nichts zu sehen. „That is so fucked up“ – hatte Pucci damals gesagt, beim Casting für Mike Mills ersten Spielfilm „Thumbsucker“, mit dem der gestrige Berlinale-Tag erwachte. Ein Satz, ein improvisierter, die Einlasskarte für die Familie. Ein Daumenlutscher. Ein Vierzehnjähriger, der noch wächst, aber nur schwer erwachsen wird. It’s the Family stupid.
Im Foyer kochen „Deutschlands junge Spitzenköche deutsch“. Es ist empfangen.
Der „Thumbsucker“ auf der Leinwand lutscht eine Ritalin-Pille. Konzentration. Kalter Entzug. Dope. Freundin geht. Mutter therapiert. Vater weint. Amerika zeigt sein neues Gesicht. Denn die Familie hält. Krank as krank can be. Normal. Eine Komödie. Das Genre-Label für „Thumbsucker“. Chirurgie an den Wurzeln der American Values.
Keanu Reeves ist gelandet. Der rote Teppich wartet noch einmal, später am Abend. „Ich würde gern über heilende Kräfte verfügen“, sagt Reeves. Eingeflogen aus Spanien. Im Privatjet. Nach Berlin. Der Kieferchirurg, der auf der Leinwand nicht nur die Zähne des Thumbsuckers richten soll. Kleine Rolle, große Aufgabe.
Draußen geht die Sonne unter. Reeves ist drin. Die Festivalfamilie freut sich. Über den Aftershow Star – und mit ihm. Und Clipregisseur Mike Mills spendiert uns die „Suburban Angst“. In seinem Film. German Aufbruch. Das Festival beginnt zu leben. Am Potsdamer Platz, einen Lichtblick vom Berlinale Palast, verweigert McDonald’s das Kindermenü.
SUSANNE LANG