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Archiv-Artikel

Aufstand in argentinischem Knast

Bislang acht Tote bei Gefängnisrevolte. Meuterer fordern geringere Strafen und bessere Haftbedingungen

BUENOS AIRES taz ■ Eine Gefängnisrevolte in Argentiniens zweitgrößter Stadt Córdoba hat bis gestern früh acht Todesopfer gefordert. Alles begann, als am Vortag während der offiziellen Besuchszeiten ein Gefängniswächter der Frau eines Häftlings einen Rempler verpasste. Sofort stürzten sich mehrere Gefangene auf den Schließer, binnen Minuten entwickelte sich das Handgemenge zu einer Revolte. Bald hatten die Häftlinge den Knast in ihrer Gewalt. Sie nahmen über 30 Geiseln, darunter mehrere Wärter, den Gefängnisdirektor, Frauen und Kinder, die ihre Angehörigen besucht hatten.

Den Gefangenen gelang es auch, die Waffenkammer des Knastes zu knacken. Immer wieder lieferten sich Sicherheitskräfte und Meuterer heftige Schießereien. Vor laufenden Kameras drohten die Aufständischen, Wärter vom Dach zu stürzen, und fügten ihnen mit Messern Schnittwunden zu.

Polizei und Gendarmerie haben das Gefängnis umstellt, das mitten in einem Wohnviertel liegt. Verhandlungen gestalten sich extrem schwierig, da die Meuterer sich selbst nicht einig sind. Ein Teil der Häftlinge forderte bei Verhandlungen mit einem Staatsanwalt bessere Haftbedingungen, andere, zumeist zu lebenslänglichen Haftstrafen Verurteilte, wollen eine Verringerung ihrer Strafen erzwingen.

„Die Gefangenen fordern wahnsinnige Sachen“, beschwerte sich der Bürgermeister der Stadt Córdoba, Luis Juez. Er gestand jedoch ein, dass die Haftbedingungen in dem Gefängnis „inhuman“ seien. In der Tat ist das Gefängnis San Martín für 600 Gefangene ausgerichtet, doch nach Angaben der Gefängnisverwaltung der Provinz Córdoba sitzen dort derzeit 1.539 Häftlinge ein.

Das Gefängnis San Martín machte zuletzt 1997 Schlagzeilen, als die Staatsanwaltschaft die Zellen nach Hinweisen auf einen Drogenhändlerring aus Wärtern und Häftlingen durchsuchen ließ. Seither haben sich die Zustände verschärft. „Jedes Mal, wenn wir uns bei der Staatsanwaltschaft über die Wächter beschweren, kriegen wir hier drinnen eine reingehauen“, sagte einer der Meuterer in die Fernsehkameras. INGO MALCHER