Friedrich Ernst Jürgen Habermas

1929: Friedrich Ernst Jürgen Habermas wird als zweites von drei Kindern der Eheleute Grete und Ernst Habermas in Düsseldorf geboren. Die angeborene Gaumenspalte macht medizinische Eingriffe notwendig. Die Nasalierung beim Sprechen lässt sich aber nicht vollständig beseitigen. In Gummersbach im Bergischen Land verbringt er Kindheit und Jugend. Im autobiografischen Rückblick sagt er, diese besondere Erfahrung, auch der Diskriminierung, habe „den Sinn für die Relevanz des Umgangs mit anderen geweckt“.

1949: Abitur. Beginn des Studiums der Philosophie, Psychologie, Deutschen Literatur, Geschichte und Ökonomie zuerst in Göttingen, dann in Zürich und Bonn.

1953: Der 24-jährige freie Journalist betritt die öffentliche Bühne erstmals mit einem unaufgefordert an die FAZ geschickten Artikel mit scharfer Kritik an Martin Heidegger. Dieser habe, so Habermas’ Vorwurf, eine Vorlesung aus dem Jahre 1935 unkommentiert wiederveröffentlicht und immer noch von der „inneren Wahrheit und Größe dieser Bewegung“ gesprochen.

1955: Hochzeit mit Ute Wesselhoeft, mit der er drei Kinder hat.

1956: Habermas wird Assistent von Theodor W. Adorno am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Institutsdirektor Max Horkheimer ist davon nicht begeistert – vor allem nicht von Habermas’ politischem Engagement. Habermas gibt dem Druck nach und wechselt nach Marburg, wo er bei Wolfgang Abendroth mit der Arbeit „Der Strukturwandel der Öffentlichkeit“ habilitiert.

1964: Habermas übernimmt ab dem Sommersemester als Ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie den Lehrstuhl des mittlerweile emeritierten Max Horkheimer.

1967/68: Intellektueller Vordenker der Linken, die seine Vorlesungen und Seminare besuchen und sein Eintreten für die Demokratisierung der Hochschulen goutieren. Unter anderen der junge, nicht immatrikulierte Joschka Fischer, der über Habermas heute sagt: „Habermas ist ein beeindruckender Lehrer. Er ist eine intellektuelle Figur, eine Größe, an der man sich bilden kann.“ Zum Bruch kommt es, als er die Studentenbewegung auf einem Kongress nach dem Tod von Benno Ohnesorg im Juni 1967 vor der Gefahr eines „linken Faschismus“ warnt. 1968 verschärft Habermas seine Kritik am Aktionismus der militanten Studentengruppen. Später wird Habermas sagen: Mit der Äußerung vom „linken Faschismus“ habe er „eine Nuance zu sehr als bürgerlicher Intellektueller reagiert“.

1971: Habermas verlässt Frankfurt und wird Direktor am Starnberger Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt. Er ist Direktor bis 1980.

1980: Habermas erhält aus den Händen des Frankfurter CDU-Oberbürgermeisters Walter Wallmann den Adorno-Preis. Er hält die Rede „Die Moderne – ein unvollendetes Projekt“ –, auf die ein jahrelanger Streit über Postmoderne und Poststrukturalismus folgt.

1981: Sein erstes voluminöses Hauptwerk „Theorie des kommunikativen Handelns“ erscheint in zwei Bänden.

1985/86: Habermas hat den sogenannten Historikerstreit in Bewegung gebracht. Erster Anlass für ihn: Bundeskanzler Helmut Kohl und der konservative US-Präsident Ronald Reagan legen Kränze nieder sowohl an der Gedenkstätte des KZ Bergen-Belsen als auch auf dem Bitburger Soldatenfriedhof, auf dem auch Angehörige der Waffen-SS beerdigt sind. Er kritisiert die „Entsorgung der Vergangenheit“. Die Kontroverse führt er vor allem gegen den Geschichtsrevisionismus der Historiker Ernst Nolte und Andreas Hillgruber.

1992: Sein zweites Hauptwerk „Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats“ erscheint.

1994: Emeritierung.

2001: Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

2004: Für Irritation sorgt ein Vortrag und eine Diskussion in der Münchner Katholischen Akademie mit Papst Benedikt, damals noch Kardinal Josef Ratzinger – und die Hinwendung zum Thema Religion. Habermas sagt heute darüber, er sei zwar alt, aber nicht fromm geworden. Und grundsätzlich sagte er in einem Interview: „Wer, außer den Kirchen und Religionsgemeinschaften, setzt denn noch Motive frei, aus denen kollektiv und solidarisch gehandelt werden?“

2009: Der Felix Meiner Verlag legt Habermas’ Frühwerk „Erkenntnis und Interesse“ in der „Philosophischen Bibliothek“ neu auf. Neben Platon, Aristoteles, Kant. Er ist der erste zeitgenössische Philosoph in dieser Reihe.