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Archiv-Artikel

In der Not hilft nur ein „Pakt“

NACHTRAGSHAUSHALT Auf 840 Millionen Euro hat die Bürgerschaft gestern für das Jahr 2009 die Neuverschuldung erhöht. Im Jahre 2020 soll Bremen ganz ohne auskommen

Mehr Religion und Nächstenliebe empfiehlt ausgerechnet die Linke der CDU

Von Klaus Wolschner

„Wer auch immer derzeit Finanzsenator wäre“, meinte gestern der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Matthias Güldner, in der Bürgerschaft – er müsste einen „ähnlichen“ Nachtragshaushalt vorlegen wie Karoline Linnert. Güldner nannte ausdrücklich die finanzpolitischen Oppositionsredner beim Namen – Uwe Woltemath von der FDP, Wolgang Schrörs von der CDU und Klaus-Rainer Rupp von der Linksfraktion.

Die drei hatten jeder auf seine Weise die Vorschläge der rot-grünen Koalition kritisiert – wirklich alternative Pfade ergaben sich aus der Kritik allerdings nicht. Um 152 Millionen Euro werden die Steuereinnahmen im Jahre 2009 hinter dem Haushaltsplan zurück bleiben, mit 80 Millionen Euro mehr als geplant schlagen die Sozialausgaben zu Buche und für die Effekte von Tariferhöhungen veranschlagt die Finanzsenatorin 27 Millionen Euro mehr. Dass im Nachtragshaushalt nicht 276 Millionen, sondern nur 218 Millionen stehen, hängt damit zusammen, dass Bremen aufgrund der niedrigen Zinsen 30 Millionen Euro spart und 27,9 Millionen Euro aus einer „Vorsorge-Position“ des Haushaltes eingesetzt wurden.

Auf diese 27 Millionen Euro zum Beispiel ging Wolfgang Schrörs nicht ein, als er den Senat zu Sparvorschlägen aufforderte – und wärmte stattdessen die Kritik der CDU an den 1,7 Millionen Euro für das Sozialticket auf, die allerdings erst für das kommende Jahr 2010 relevant sind. Er solle sich im Religionsunterricht noch einmal über „Nächstenliebe“ ins Bild setzen lassen, konterte Rupp von der Linken. Finanzsenatorin Karoline Linnert konterte mit einer langen Liste von Spar-Entscheidungen, darunter auch die Beendigung des Mietvertrages für leer stehende Büroräume des Innenressorts in der Funkschneise und der Subventionierung der Galopprennbahn in der Vahr – langjährige Geldausgaben, an denen die CDU nicht unschuldig war.

Uwe Woltemath (FDP) vermisste ernsthafte Sparbeiträge der Koalition – und erinnerte an die FDP-Vorschläge zum Verkauf von Kliniken, Gewoba und Parkhaus-GmbH. Welcher Erlös zu erzielen wäre und wie wenig das an der Haushaltslage ändern würde, hat die FDP bislang nicht ausrechnen lassen. Auf die Besoldungserhöhung, durchaus eine „freiwillige“ Leistung Bremens, wollte auch die FDP nicht verzichten.

Rupp erinnerte daran, dass er schon vor einem Jahr gesagt hatte, dass die Ansätze für die Sozialkosten zu knapp bemessen seien und dass die bremische Sanierungsrechnung bis zum Jahre 2020 nicht aufgehen könne. Vermutlich weil sich da alle einig sind und der Parteienstreit im Außenverhältnis höchstens schaden kann – wie der kleine Bremerhaven-Streit diese Woche gezeigt hat – wiederholte Güldner seine Feststellung, er könne sich durchaus den von der CDU vorgeschlagenen „Pakt“ zum Thema Finanzpolitik vorstellen.

Immerhin regiert ja in Berlin die CDU und Wetten auf Veränderungen im Kanzleramt möchte derzeit niemand abgeben – da kann ein Pakt mit der CDU nur nützen. Zumindest würde sich die rot-grüne Koalition damit Angriffsflächen im Wahlkampf 2011 ersparen.