Verbote haben eine lange Tradition

betr.: „‚Reaktionäre Demos gibt es schon lange‘, sagte Nora Goldenbogen“ (Die NPD sollte verboten werden), taz vom 10. 2. 05

„Jüdische Repräsentanten gegen NPD-Verbot“ ist der taz offenbar keinen Artikel wert, da ist wohl der Nachrichtenwert weniger hoch, weil die Klischees weniger bestätigt werden. Tatsächlich hat sich aber zum Beispiel der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, klar gegen ein solches Verbot ausgesprochen. Dies tat er durchaus öffentlich, beispielsweise in seiner Rede anlässlich der Unterzeichnung des Vertrags unserer Jüdischen Verbände in Schleswig-Holstein mit der Landesregierung am 25. 1.

Unliebsame Organisationen zu verbieten, hat in Deutschland eine lange Tradition, genutzt hat es auf Dauer nie. Das ist auch gut so, denn über Meinungen muss man diskutieren können. Und wenn die NPD nur zugespitzt das formuliert, was man auch im Spiegel lesen kann (Wiglaf Droste, taz vom 11. 2.) dann muss man sich damit auseinander setzen, und zwar gründlich.

Eine solche Einstellung hat überhaupt nichts mit „Verharmlosung“ zu tun. Ich weiß durchaus, wovon ich rede: Von meinen vier Großeltern entkam nur Großvater Izchak-Meir den Nazis, denn er starb schon vorher. Hanna, 42 Jahre alt, wurde direkt nach dem Aussteigen aus dem Deportationszug in Estland erschossen, da sie in Berlin – als Jüdin unerlaubterweise – beim Friseur gewesen war. Miriam und Arnold sind aus Auschwitz nicht zurückgekommen.

ROLF VERLEGER, Vorsitzender des Landesverbands

der Jüdischen Gemeinden Kiel, Lübeck und Flensburg

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