: „Druck nicht hilfreich“
Das Atomprogramm ist friedlich und die CIA hat keine Ahnung, sagt der Vizeaußenminister des Iran
taz: Herr Minister, der Westen hat Ihr Land im Verdacht, heimlich auf ein Nuklearprogramm zu zielen, mit dem Sie Atomwaffen herstellen können. Verstehen Sie die Befürchtungen?
Gholamali Khoshroo: Ich bin hier, um die iranische Position zu erklären. Dabei habe ich zwei Herangehensweisen erlebt: die europäische und die amerikanische. Die europäische war die balanciertere und hat die Realität mit einbezogen. Außerdem hoffe ich auf die Ergebnisse der Verhandlungen, die derzeit zwischen Iran und Europa stattfinden. Die amerikanische Herangehensweise war bloß von Vorwürfen gegen Iran geprägt und ließ außer Acht, was die Internationale Atomenergiebehörde an Ergebnissen vorgelegt hat.
Die USA halten Ihr Land für einen Feind der Freiheit. Sehen Sie die USA als Feind?
Die USA haben vor 50 Jahren in einem CIA-gelenkten Staatsstreich die demokratisch gewählte Führung meines Landes gestürzt. In den 80er-Jahren haben sie Saddam Hussein unterstützt, als er Chemiewaffen gegen den Iran einsetzte. Das iranische Volk weiß, wenn die USA von Frieden sprechen, meinen sie den American way of life. Die USA mühen sich nicht um echte Demokratie im Nahen Osten, denn sie fürchten, dass echte Demokratie nicht zu ihren Gunsten ausfällt.
Die Europäer sind sich mit den Amerikanern einig, dass Ihr Land nicht schnell, entschlossen und umfassend genug sein Atomprogramm offen legt.
Jeder, der sich dazu äußert, sollte das auf der Grundlage von Beweisen tun. Unser Programm ist friedlich, und das hat auch die IAEO gesagt. In den vergangenen 18 Monaten hat es umfängliche Inspektionen gegeben. Wir haben der IAEO vor einem knappen Jahr eine vollständige Deklaration unserer Aktivitäten vorgelegt, und die IAEO verifiziert das jetzt. All diese Dinge passieren derzeit, und mehr Druck wird nicht hilfreich sein.
Doch auch die EU fordert eine weiterreichende Zusammenarbeit von Ihnen.
Wir bemühen uns mit Europa gemeinsam um Garantien, die zeigen, dass unsere Aktivitäten in der Vergangenheit friedlich waren. Unsere künftigen Aktivitäten werden friedlich bleiben, denn wir gehören zu den Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrags und befolgen das Zusatzprotokoll. Und wir haben keine Forderung der IAEO nach Inspektionen abgelehnt. Keine!
Der frühere CIA-Direktor Woolsey hat jetzt erklärt, ein überprüfbares Kontrollregime reiche nicht aus, denn das erlaube Ihnen immer noch, über Ihre atomaren Vorhaben hinwegzutäuschen. Ist das derzeitige Regime Ihr letztes Wort?
Selbst als die CIA ihre Leute in den Irak schickte, haben sie nichts gefunden. Die CIA ist wahrlich nicht in der Position, über Kontrollregimes zu reden.
Dass der Iran die Welt täuschen könnte, wird nicht nur von der CIA befürchtet.
Die Welt hat im Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag festgelegt, wie Inspektionen auszusehen haben, und die USA waren dabei eine wichtige Stimme. Vor zwei Jahren wurde an uns appelliert, das Zusatzprotokoll zu befolgen. Obwohl dieser Schritt freiwillig ist, haben wir uns dazu entschieden. Und jetzt heißt es, der Schritt sei nicht ausreichend. So soll der Druck auf uns Schritt für Schritt gesteigert werden.
Das Misstrauen gegen Ihre Regierung gründet sich auch auf die vielen Menschenrechtsverletzungen: Wer die Menschenrechte missachtet, hält auch Verträge nicht ein.
Das ist doch erneut ein Fall, wo zweierlei Maßstäbe angelegt werden. Wenn der Westen sich um Atombomben sorgt, warum spricht er nicht mit Israel? Wenn er sich um Menschenrechte sorgt, warum nimmt er sich nicht der Lage des palästinensischen Volkes an?
Das entkräftet nicht die Argumente gegen Iran.
Aber es geht doch um Vorwände, Druck auf den Iran auszuüben. In Iran haben bei der letzten Wahl mehr als 70 Prozent der Bevölkerung teilgenommen. Mehr als 60 Prozent der Studenten an iranischen Universitäten sind Frauen. Es gibt ein Parlament und die Presse. Ja, es gibt da einige Schwierigkeiten und wir arbeiten daran, diese zu überwinden. Es geht darum, eine islamische Republik zu haben, wobei die „Republik“ so wichtig ist wie das „islamisch“.INTERVIEW: PATRIK SCHWARZ