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Archiv-Artikel

Nazis keine Terroristen

Im Potsdamer Neonazi-Prozess bestreiten die Angeklagten, eine Terrorgruppe gegründet zu haben

POTSDAM dpa ■ Im Neonazi-Prozess vor Brandenburgs Oberlandesgericht haben Verteidiger der zwölf Angeklagten den Terrorismus-Vorwurf bestritten. In den ersten Plädoyers räumten Verteidiger gestern ein, dass sich ihre Mandanten an Anschlägen auf Imbisse und Geschäfte von Ausländern beteiligt haben. Von einer terroristischen Vereinigung könne aber keine Rede sein.

Der Verteidiger des jüngsten Angeklagten sprach von einer „Jungbullenherde“. Sein Mandant sei über Jahre den „Hechelreden“ des Hauptangeklagten ausgesetzt gewesen. Dieser sei ein „fanatischer Überzeugungstäter“.

Der Verteidiger des Hauptangeklagten forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Andere Anwälte plädierten für Bewährungsstrafen von 12 bis 14 Monaten; weitere Plädoyers sollten folgen. Die Urteile werden voraussichtlich am 7. März verkündet.

Die Angeklagten waren zur Tatzeit zwischen 14 und 18 Jahre alt. Sie sollen aus Fremdenhass zwischen August 2003 und Mai 2004 zehn Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von Ausländern im Havelland verübt haben, um sie zu vertreiben. Zu diesem Zweck gründeten sie laut Anklage die rechtsgerichtete Kameradschaft „Freikorps“.

Verletzt wurde bei den Anschlägen niemand; der Sachschaden betrug mehr als 800.000 Euro.

Erstmals klagt Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft eine Gruppe von Neonazis als terroristische Vereinigung an. Die Anklage hatte für den mutmaßlichen Rädelsführer viereinhalb Jahre Haft verlangt. Der 20-Jährige sitzt seit Juli 2004 als einziger der Angeklagten in Untersuchungshaft.

Sein Mandant, ein 20 Jahre alter Abiturient, habe ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt, sagte dessen Anwalt. Er sei einer der Wortführer, nicht aber Rädelsführer gewesen. Eine rechtsextreme Gesinnung sei nicht zu leugnen, wohl aber Antisemitismus. Sein Mandant habe die Idee zu einigen Anschlägen gehabt und sich teilweise auch daran beteiligt.