piwik no script img

Archiv-Artikel

Konfuse Signale aus Damaskus

Die syrische Regierung will ihre Truppen im Libanon nicht zurückziehen, sondern lediglich umgruppieren

KAIRO taz ■ Aus der syrischen Hauptstadt Damaskus kommen derzeit widersprüchliche Signale hinsichtlich der Lage im benachbarten Libanon. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Musa, hatte am Montag nach einem Treffen mit dem syrischen Präsidenten überraschend verkündet, Baschar al-Assad habe seinen festen Willen zum Ausdruck gebracht, die 14.000 syrischen Soldaten aus dem Libanon zurückzuziehen. „Assad möchte weiterhin das Abkommen von Taif erfüllen und gemäß dieses Vertrages seine Truppen aus dem Libanon zurückziehen“, sagte Musa in Damaskus wörtlich. Im Abkommen von Taif, das nach der gleichnamigen saudischen Stadt benannt ist, in der es 1989 unterzeichnet wurde, hatte sich Syrien verpflichtet, seine Soldaten innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des libanesischen Bürgerkrieges abzuziehen.

Doch kaum hatte Musa die Worte zu Assad gesprochen, meldete sich der syrische Informationsminister zu Wort. Musa habe den syrischen Präsidenten missverstanden. Auf dem Plan stünde lediglich eine Umgruppierung syrischer Truppen im Libanon, erklärte Mahdi Dachallah. Nun wird spekuliert, ob es sich um ein Kommunikationsproblem oder ein erstes Anzeichen für Uneinigkeiten innerhalb des syrischen Regimes handelt.

Im Libanon selbst gehen die Demonstrationen weiter. Oppositionelle fordern eine Untersuchung der Hintergründe des Attentats auf den ehemaligen Regierungschef Rafik Hariri und einen Rückzug aller syrischen Truppen. Unerwartete Schützenhilfe erhielten sie aus Syrien. In einer Petition unterstützen 35 syrische Intellektuelle die libanesische Forderung nach einem Rückzug der syrischen Truppen und fordern „eine Korrektur der syrisch-libanesischen Beziehungen“. Aber die Unterzeichner wie der prominente syrische Schriftsteller Michel Kilo, der Menschenrechtsaktivist Anwar al-Bunni oder der politische Kommentator Fayez Sara, äußern sich auch kritisch über generelle antisyrische Ausbrüche im Libanon. „Es ist schmerzlich und macht uns wütend, dass einige Libanesen Syrien und die Syrer als Ganzes verdammen, ohne dass Letztere sich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Am schlimmsten sind die Angriffe auf syrische Arbeiter, die versuchen, im Libanon ihren Lebensunterhalt zu verdienen“, heißt es in der Erklärung. Nach der Ermordung Hariris hatten einige Libanesen Jagd auf syrische Staatsbürger gemacht.

KARIM EL-GAWHARY