Blairs miese Tricks

Die britische Regierung manipulierte ein juristisches Irak-Gutachten. Politiker und Militärs fürchteten Tribunal

DUBLIN taz ■ Die britische Regierung hat im Vorfeld des Irakkrieges nicht nur die „Beweise“ für Saddams Massenvernichtungswaffen gefälscht, sondern auch die juristische Absicherung des Krieges manipuliert. Generalstaatsanwalt Lord Goldsmith warnte Premierminister Tony Blair zwei Wochen vor dem Angriff auf den Irak, dass eine solche militärische Aktion illegal sein könnte. Um sicher zu gehen, sei eine zweite UN-Resolution nötig, die einen Krieg ausdrücklich billigt.

Zehn Tage später hieß es in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, es sei nach Meinung von Lord Goldsmith klar, dass der Irak gegen die UN-Resolution 1441 verstoßen habe. Diese Antwort stammt jedoch nicht von Goldsmith, sondern von Lord Falconer, dem Staatssekretär im Innenministerium. Dennoch wurde sie dem Parlament am 18. März 2003 vor der Abstimmung über den Krieg als „offizielle Meinung des Generalstaatsanwalts“ präsentiert.

Die Manipulation des Goldsmith-Gutachtens wurde von Philippe Sands enthüllt, einem Anwalt und Kollegen von Blairs Frau Cherie Booth. Sein Buch „Lawless worlds“ erschien vorgestern.

Das Dokument, in dem der Generalstaatsanwalt seine Bedenken gegen den Krieg äußerte, wurde bis heute unter Verschluss gehalten. Nur eine Handvoll Minister bekam es zu sehen, obwohl laut offiziellen Regeln die Meinung der juristischen Experten dem gesamten Kabinett vorgelegt werden muss. Die Regierung war über Goldsmiths Einschätzung so beunruhigt, dass sie ein Team von Anwälten zusammenstellte, das die Verteidigung vor einem internationalen Gericht vorbereiten sollte. Auch beim Militär war man beunruhigt. Der Armeechef, General Michael Jackson, sagte: „Ich habe viel Zeit auf dem Balkan verbracht, um sicherzustellen, dass Milošević hinter Gitter kommt. Ich habe nicht die Absicht, in seiner Nachbarzelle in Den Haag zu enden.“

Robin Cook, Blairs früherer Außenminister, der wegen des Irakkriegs zurückgetreten ist, sagte über die Enthüllungen: „Das zeigt doch ganz klar, wie weit die juristische Einschätzung des Krieges Teil des politischen Prozesses war. Was man dem Parlament als Ansicht des Generalstaatsanwalts vorlegte, war in Wirklichkeit die Meinung der engsten Berater des Premierministers.“ RALF SOTSCHECK