Autofreies Wohnen mit eigenem Parkplatz

Aus dem stillgelegten Eisenbahngelände in Köln-Nippes wird doch keine autofreie Siedlung. Der Investor will auch Autofahrer als Mieter oder Käufer akzeptieren. Der Arbeitskreis Autofreie Siedlung Köln ist als Partner ausgestiegen

Köln taz ■ Die Realisierung der ersten autofreien Siedlung in Köln ist gescheitert. Der Arbeitskreis „Autofreie Siedlung Köln“ (ASK) e.V. hat die Zusammenarbeit mit dem Investor aufgekündigt, weil dieser das Konzept geändert hat. Statt, wie geplant, auf dem Gelände des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerkes in Nippes 400 Wohneinheiten an autofreie Haushalte zu verkaufen oder vermieten, will die Firma „Kontrola“ nun Wohnraum wahlweise mit oder ohne Stellplatz anbieten. „Das ist keine autofreie Siedlung mehr“, begründet ASK-Sprecher Ralph Herbertz den Ausstieg.

Nach den Vorstellungen des ASK sollen sich die Bewohner für ein Leben in einer Umgebung ohne Blechlawinen und Abgase verpflichten, mindestens drei Jahre lang kein Auto zu besitzen. Dieses Ziel sieht der ASK nun konterkariert. „Kontrola will ein autoverkehrsfreies Projekt mit Parken am Rande“, kritisiert Herbertz. Die Firma widerspricht: „Wir wollen keine Mogelpackung“, sagte Sprecherin Stephanie Wolff der taz. Man wolle hauptsächlich Menschen ohne Auto ansprechen. Allerdings habe die Verpflichtung, das Auto abschaffen zu müssen, viele Interessenten mit PKW verunsichert. Deshalb habe Kontrola die Pläne modifiziert. In Freiburg habe sich ein solches Modell bewährt. „Über die Hälfte hat nach dem Einzug in die Siedlung ihr Auto abgeschafft“, versichert Kontrola-Geschäftsführer Markus Schwerdtner.

Kontrola befürchtet schon länger zu wenig Nachfrage für das autofreie Wohnen. Im Januar erklärte Kontrola der ASK, dass es bisher nur drei Interessenten gäbe. Eine Zahl, die man dort nicht nachvollziehen kann. „Wir kennen alleine 75 Interessenten“, widerspricht ASK-Sprecher Herbertz den Zahlenangaben der Kontrola. Dazu kämen noch 80 Personen, die dort nicht bauen, aber später mieten wollten. „Außerdem hat die Kontrola mit der Vermarktung ja noch gar nicht angefangen.“ Tatsächlich beginnt der Vertrieb für das in seiner modifizierten Version vom Investor inzwischen „Stellwerk 60“ getaufte Projekt auf dem Gelände des Eisenbahnausbesserungswerks erst heute.

Ein weiterer Grund für das geringe Interesse am autofreien Wohnen in Köln könnte der eklatant hohe Grundstückspreis für die Einfamilienhäuser sein. Rund 600 Euro pro Quadratmeter verlangt der Investor. Ein Preis, der selbst in gehobenen Wohnlagen der Stadt nicht üblich ist. In der benachbarten Eisenachstraße kostet der Quadratmeter beispielsweise nur 395 Euro. „Diese Preispolitik hat viele Leute verschreckt“, erklärt Rolf Bauerfeind vom ASK.

Der ASK will trotz der gescheiterten Zusammenarbeit mit Kontrola an seiner Vision einer autofreien Siedlung festhalten und sucht nach einem anderen, kleineren Standort. „Der wird bestimmt nicht leicht zu finden sein“, räumt Ralph Herbertz ein. Aber er hat schon einen Ort im Blick, der gar nicht weit vom Nippeser EAW-Gelände entfernt liegt. „Die Clouth-Werke wären ganz interessant.“

Thomas Spolert