: Bernhardiner bevorzugt
Um Familienpolitik und ihre Defizite drehte sich das „Stadtgespräch“ am Dienstagabend. Es ging hoch her
bremen taz ■ „Ich möchte Kinder nicht im Zoo angucken müssen“, wetterte Ilse Wehrmann vom Landesverband evangelischer Tageseinrichtungen und eröffnete damit das ökumenische „Stadtgespräch“ am Dienstagabend in der Kirche Unser Lieben Frauen – Titel: „Steht die Familie vor dem Konkurs?“. Es ging hoch her in der voll besetzten Kirche.
„Die Sparpläne der letzten Tage sind skandalös“, schimpfte Ilse Wehrmann weiter. „Die Versorgung in den Tagesstätten ist heute schon die schlechteste in ganz Deutschland und verträgt keinen Cent an Kürzungen“, warnte sie und machte klar: „Ich nehme mir vor, diese Stadt aufzumischen.“
Scharfe Kritik übte auch Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, an der Familienpolitik des Bundes. „In diesem Land gibt es, milde gesagt, keine kinderfreundliche Atmosphäre“, erklärte er. „Armut und Bildungsferne werden faktisch vererbt. Das kann nur durch eine bessere Bildung im Vorschulbereich aufgelöst werden.“
Ute Gerhard, Professorin für Soziologie in Frankfurt/Main, sieht das genauso: „Kinder haben ein Recht auf Bildung und wollen nicht einfach nur verwaltet werden“, mahnte sie. Und fügte hinzu: „Unser Familienverständnis ist einfach überholt. Heutzutage wollen Frauen Kinder und Karriere und nicht 24-Stunden-Mama sein. Die klassische Kleinfamilie scheint eine bedrohte Art geworden zu sein, die vom Aussterben bedroht ist.“
Diese besondere Spezies habe es auch bei banalen Dingen wie Wohnungssuche schwer, so Bischof Huber: „Heutzutage bekommt doch eher ein Mensch mit einem Bernhardiner eine Wohnung als jemand mit Kind.“
Auch Bremens Sozialsenatorin Karin Röpke stellte sich der Diskussion. „Ich werde am Sonntag alles daran setzen, dem Koalitionsausschuss klarzumachen, welchen Stellenwert die frühkindliche Bildung weiterhin haben muss“, versprach sie. mamö
Am Samstag, 12. März, wird das Stadtgespräch um 17.05 Uhr im Nordwestradio gesendet