Hamburg klaut Bielefeld Punkte und Spieler

Arminia Bielefeld verliert ein seltsames Spiel gegen den HSV. Trotz der Niederlage zeigt sich vor allem Trainer Uwe Rapolder zufrieden. Für Ärger sorgen lediglich die Wechselgerüchte um Patrick Owomoyela. Hamburg zeigt Interesse

BIELEFELD taz ■ Wenn jedes Spiel eine Geschichte erzählt, so war die Begegnung zwischen Arminia Bielefeld und dem Hamburger SV eine Sammlung eigenartig bruchstückhafter Episoden. Als hätte in der ersten Halbzeit Stephen King das Drehbuch verfasst, gab es alles, was das Fanherz begehrt: Tore, Spielkultur, Hektik. Zwischen der 10. und 30. Minute zeigte die Arminia „mit das Beste, was wir in dieser Saison gespielt haben“, wie Trainer Uwe Rapolder urteilte. Aus dem frühen Rückstand wurde ein 2:1 - nicht zuletzt weil Mittelfeldspieler Porcello von seiner ursprünglichen Idee absah, einen Freistoß „über die Mauer zu lupfen“ und stattdessen den Ratschlag von Detlef Dammeier annahm, „einfach voll drauf zu hauen“. Doch die Spieler des HSV, von ihrem Trainer Thomas Doll kumpelhaft als „meine Jungs“ bezeichnet, schlugen ihrerseits zurück und nutzten Bielefelds allbekannte Schwäche bei Standardsituationen zu zwei Treffern.

Seiner Rolle als Konfliktlöser offenbar überdrüssig, profilierte sich dabei Schiedsrichter Franz-Xaver Wack, indem er mit seinen Fehlentscheidungen ganz unparteiisch beide Teams benachteiligte und einer rasanten Partie noch mehr Pfeffer verlieh. Verständlich, dass der Unmut beim Verlierer hinterher größer war. Insbesondere über den Freistoßpfiff vor dem 2:3, dem ein Foul von Bielefelds Abwehrturm Gabriel vorausgegangen sein soll. „Eine klare Fehlentscheidung! Takahara hat mich behindert“, echauffierte sich der Betroffene, und Uwe Rapolder sprach von einem „Tor mit Ansage“: „Ich weiß nicht, was der Schiedsrichter da gesehen hat.“

Doch dem anfänglichen Sturm folgte ein schwache Brise – als hätte Stephen King in der Halbzeitpause die Flucht ergriffen, um sich im niederrieselnden Schnee zu vergnügen, und wäre durch Rosamunde Pilcher ersetzt worden. Überfordert mit dem bisherigen Drehbuch, beschränkte sich jene dann auf seichte Kost. Der HSV nutzte eine Konterchance, ansonsten mangelte es den Arminen an dem Glauben, einen keinesfalls übermächtigen Gegner weiter zu ärgern. Stephen King schaute erst in den Schlussminuten wieder vorbei. Nach der gelb-roten Karte für den Hamburger Grecko und dem 3:4 durch Bielefelds Buckley schien gar ein Unentschieden möglich.

Trotz der Heimschlappe zeigte sich Rapolder „zufrieden“. Und eigentlich könnte Bielefeld in diesen Tagen auch unter einer Wolke des Wohlbehagens liegen. Das Pokalhalbfinale gegen Bayern München im Blick und dem Abstiegskampf entronnen, kann der notorische Auf- und Absteiger ein Wort in den Mund nehmen, dass vor Ort beinah in Vergessenheit geraten ist: Planungssicherheit. Doch in Ostwestfalen herrscht Unruhe, weil das Branchenübliche passiert. Die zahlungskräftigere Konkurrenz hat ein Auge auf diverse Spieler geworfen, Skela hat den Abflug nach Kaiserslautern angekündigt, Lense zieht es nach Nürnberg, „wegen der besseren sportlichen Perspektive“. Rapolder sprach frustriert von Arminia als einem „Selbstbedienungsladen“, Kapitän Mathias Hain warnte vor einem „Ausverkauf“ und die Fans singen seit Wochen in Anlehnung an einen Song der Hip-Hopper „Fettes Brot“: „Lasst die Finger von Owomoyela!“ (was besagte Band sogar dazu veranlasste, für einen Radiosender diesen Refrain neu einzusingen). Dass der Chor erhört wird, ist eher unwahrscheinlich. Bei Delron Buckley gehe die Tendenz dahin, dass er bleibt und bei Patrick Owomoyela dahin, dass er geht, ließ Arminias Geschäftsführer Finanzen, Roland Kentsch, durchblicken. Genug Stoff für neue Geschichten.

ANDREAS BEUNE