Freilassung geplatzt

„Bremer Taliban“ wird entgegen anders lautender Meldungen weiterhin auf Guantánamo festgehalten

Bremen/Adana taz ■ Die angekündigte Überstellung des als „Bremer Taliban“ bekannten Murat Kurnaz ist gestern geplatzt. Türkischen Zeitungen zufolge war der 22-jährige Guantánamo-Häftling angeblich schon auf dem Weg in die Türkei, deren Staatsangehörigkeit er besitzt.

Die Polizei im südtürkischen Adama, in dessen Nähe sich der offenbar anvisierte US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik befindet, bestätigte gegenüber der Presseagentur AFP die geplante Abschiebung. Kurnaz in Bremen lebende Mutter Rabiye ist bereits vor Ort, um ihren seit drei Jahren wegen vermeintlicher Verbindungen zum Al Kaida-Netzwerk inhaftierten Sohn in Empfang zu nehmen. Kurnaz war im Dezember 2001 an der afghanischen Grenze verhaftet worden.

Baher Azmy, der US-Anwalt des früheren Bremer Schiffbauer-Azubis Kurnaz, erklärte, ihm sei von einem Rechtsvertreter des Penatgon per Mail mitgeteilt worden, Kurnaz werde entgegen der anders lautenden Gerüchte nicht entlassen. Auch die die US-Botschaft in Ankara wies daraufhin, dass keine Freilassung türkischer Staatsbürger bevor stehe.

Derweil bestätigte Uwe Picard von der Bremer Staatsanwaltschaft, dass gegen Kurnaz bei etwaiger Rückkehr nach Deutschland ein ruhendes Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen würde. Der Vorwurf: die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Der Anfangsverdacht habe sich bei der Ausreise Kurnaz 2001 am Frankfurter Flughafen ergeben.

Dort war Kurnaz’ Mitreisender wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe an der Ausreise gehindert worden. Beim Telefonat mit dessen Bremer Verwandten hätten diese einen „Freikauf“ verweigert – mit dem Hinweis, er wolle ja doch nur in Afghanistan „gegen die Amerikaner kämpfen“. Unabhängig davon ist Kurnaz’ Bremer Aufenthaltsgenehmigung wegen mehr als sechsmonatiger Abwesenheit erloschen. Henning Bleyl

Siehe auch taz-Inland Seite 7