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Archiv-Artikel

Gedruckt, geliebt, gedruckt

Eigentlich ist die Haltbarkeit von Kolumnen begrenzt. Doch immer häufiger werden die Eintagsartikel der Vorzeigeautoren in Buchform verewigt. Warum die Zeitung jetzt ins Regal kommt

VON MICHAEL LÜNSTROTH

Als Journalist, da schreibt man. Berichte, Reportagen, Porträts. Und wenn man ganz schön schreiben kann, dann schreibt man eine Kolumne. Als Journalist, da erlebt man ja auch viel, und das will alles auch mitgeteilt werden. Kinder, Arbeit, Trinken, Liebe. Was in Kolumnen verhandelt wird, ist manchmal banal und manchmal brillant, kann Zeilen verschwenden oder den Leitartikel ersetzen.

Inzwischen gibt es allerdings nicht nur einen übermäßigen Einsatz von Kolumnen, sondern auch die passenden Bücher dazu. Juan Moreno (Süddeutsche Zeitung, siehe Interview unten) hat es gemacht, Moritz von Uslar (auch SZ) mit seinen Interviews auch, Harald Martenstein (Zeit und Tagesspiegel), Axel Hacke (wieder SZ), Bastian Sick (Spiegel Online) und viele andere großen Herren – aber wenige Damen – dieser Gilde. Kaum ein einigermaßen bekannter Kolumnist, der nicht sein eigenes Büchlein auf dem Markt hat – darunter auch eine Reihe von taz-Autoren.

Dass man so, mit einer bereits erledigten Arbeit, noch mal Geld machen kann, ist eine feine Sache. Und doch fragt man sich, was die Verlage gerade reitet, ein Buch dieser Gattung nach dem anderen auf den Markt zu bringen. Als kurze Lesestücke mit einem – je nach Autor variierenden – Aktualitätsbezug eignen sich Kolumnen im Grunde eher wenig für die Buchform. Und warum sollte man sich ein Buch kaufen, dessen Inhalt man schon kennt? „Weil Kolumnisten in der Regel besonders schön schreiben“, sagt Kerstin Gleba, Cheflektorin des Kölner Verlags Kiepenheuer und Wisch.

Das schlägt sich in ihrem Verlagsprogramm nieder: Allein drei der fünf oben genannten Autoren haben ihr Buch bei KiWi veröffentlicht. Dennoch will Gleba sich nicht festnageln lassen und beharrt darauf, dass dies kein neuer Trend sei, sondern nur eine saisonale Häufung. Bei dem Kölner Verlag gibt es verschiedene Hürden, die eine Kolumne nehmen muss, ehe sie die Weihen einer gebundenen Ausgabe bekommen: „Die Frage ist: Funktionieren die Texte auch außerhalb des tagesaktuellen Bezugs?“, erklärt Gleba. Als Beispiel nennt sie das Interviewbuch von Moritz von Uslar („100 Fragen“). Da habe man lange überlegt, ob das als Buch klappe. Dann kam im Verlag die Idee auf, die Interviews in chronologischer Reihenfolge abzudrucken. „So leistet das Buch etwas, was die einzelnen Interviews nicht leisten konnten. Eine Entwicklung innerhalb dieser ganz typischen Uslar-Interviews wird sichtbar.“ Der Anfang der Von-Uslar-Forschung ist gemacht.

Hört man sich bei anderen Autoren um, was die von schriftstellernden Journalisten halten, so spürt man verhaltene Skepsis. Verleger sollten doch mehr können, als einen Inhalt zwischen zwei Buchdeckel zu pressen, sie sollten doch auch Talente entdecken und nicht nur Altbekanntes auflegen, heißt es da. Dem entgegnet Cheflektorin Gleba, dass es einen Grund dafür gebe, dass manche mehr und manche weniger veröffentlichen können. Dennoch verhehlt sie nicht, dass es „hilfreich ist, wenn der Autor schon bekannt ist“. Das ist verständlich, schließlich funktionieren auch Kolumnen nach eben diesem Muster: vertraute Autorin, vertrautes Thema, vertrauter Blick darauf – Erwartung an den Text erfüllt. Wie man Bekanntheit entwickeln sollen, wenn man nur wenige Chancen zu Veröffentlichungen bekommt, darauf weiß Gleba allerdings auch keine Antwort. Als Journalist, da schreibt man. Am besten in einem Verlag wie KiWi.