: Alice Schwarzer kommt zum Halbfinale
Team der Woche: Nach dem Rückschlag in der Meisterschaft hofft Turbine-Potsdam-Coach Bernd Schröder auf den Uefa-Cup-Gewinn
Das Spiel gegen den FFC Frankfurt bleibt für Bernd Schröder ein Mysterium. „Ich kann bis heute nicht verstehen, wie wir dieses Spiel verlieren konnten“, sagt der Turbine-Trainer kopfschüttelnd. „Die zweite Halbzeit erlebte ich wie in Trance.“ Das 1:2 gegen die Hessen vor zwei Wochen war wohl der Knackpunkt in der Meisterschaft. Nachdem die Potsdamerinnen über 60 Minuten mit 1:0 geführt hatten, gaben sie das Spiel in der Schlussphase noch aus der Hand. Seither ist die Hoffnung auf eine erfolgreiche Verteidigung des Meistertitels in der 1. Fußball-Bundesliga beim FFC deutlich geringer.
Und obwohl Bernd Schröder die erneute Meisterschaft hinter DFB-Pokal und Uefa-Cup auf seiner Prioritätenliste führen will, darf man gespannt sein, ob der erfahrene Übungsleiter seine „sensiblen Spielerinnen“ nach diesem Dämpfer für die anstehenden englischen Wochen motivieren kann. Gestern, beim souveränen 4:0-Heimsieg über den SC Freiburg, sah es so aus, als würde das gelingen. Ab der 70. Minute konnten die Deutschen Meisterinnen ihre zahlreich herausgespielten Chancen auch zu Toren (71. Thomas, 79. Mittag, 84. Christiane) verwerten.
Bis dahin lagen die „Turbinen“ durch den Treffer von Viola Odebrecht (22.) lange nur mit 1:0 in Führung. Da Frankfurt und Duisburg jeweils ein Spiel weniger haben, befindet sich Turbine augenblicklich mit drei Punkten Rückstand auf dem zweiten Tabellenplatz. Und dennoch: Nach der Schlappe in Frankfurt ist es wahrscheinlich, dass sich das Erfolgsjahr 2004, in dem die Potsdamerinnen alle nationalen Wettbewerbe gewannen, nicht so leicht wiederholen lässt. Passend dazu ist in der letzten Woche auch eine Art Biografie über den FFC erschienen. In „Elf Freundinnen“, so der Titel, wird noch einmal ausgiebig über die Entstehung des Clubs und seine vergangenen Erfolge erzählt.
Ohne Zweifel können sich aber auch die Potsdamerinnen mit der bisherigen Saisonbilanz sehen lassen. Nach dem wiederholten Gewinn des DFB-Hallenpokals ist man neben den Herren vom FC Bayern München die einzige deutsche Mannschaft, die noch im Europapokal vertreten ist. Für das Halbfinale gegen die Norwegerinnen vom SK Trondheim haben sich bereits die erklärten Turbine-Fans Alice Schwarzer und DFB-Chef Theo Zwanziger angekündigt.
Auch im nationalen Pokal-Wettbewerb ist das Team von Bernd Schröder noch im Rennen. Deswegen bemüht sich der Coach, bei seinen Damen möglichst schnell wieder das richtige Wettkampffieber herzustellen. Sein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den sechs für den Algarve-Cup abgestellten Nationalspielerinnen. Die müssen sich vom warmen Portugal nun wieder auf die herben Potsdamer Verhältnisse einrichten.
„Braun gebrannt von der Algarve zurückzukommen erzeugt nicht die nötige Spannung, die wir für unser Restprogramm brauchen“, sagt Schröder in seiner rauen Art und zeigt sich unzufrieden über die Formschwäche einiger Spielerinnen: „Im Finale gegen die USA sind wir doch nur hinterhergerannt. Da bin ich ganz ehrlich. Das war kein gutes Spiel.“ Nun wird der 62-Jährige die „Turbinen“ im Training wieder auf Volldampf laufen lassen.
Wegen seiner Trainingsmethoden wurde Schröder schon mal von einem befreundeten Coach aus Rheine scherzhaft als „alter Stasioffizier“ beschimpft. Darüber kann der Trainer des FFC nur lachen. Anders ist es, wenn er seine Spielerinnen immer wieder mit einem weit verbreiteten Ost-West-Denken konfrontiert sieht, wie es beim Schicksalsspiel in Frankfurt der Fall war. „Unmöglich, was da für Sprüche von Kommentator Rolf Töpperwien gekloppt wurden“, grollt der Turbine-Trainer. Dieses Spiel mit all seinen Begleiterscheinungen beschäftigt Bernd Schröder immer noch. Wenn sie den Uefa-Cup holen, wird alles dies vergessen sein, glaubt er. Er weiß auch schon, gegen wen: „Am liebsten Arsenal London. Das wäre ein Erlebnis.“
MANUEL KRONS