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Archiv-Artikel

Auf den Plan folgt die Planerfüllung

Das Saisonziel lautet Uefa-Cup-Platz, hatte Hertha-Manager Dieter Hoeneß am Donnerstag vorgegeben. Die Mannschaft folgte ihm. Hertha gewann gegen Arminia Bielefeld mit 3:0. Leider war der Weg zum Erfolg alles andere als überzeugend

Marcelinho spielte gegen Bielefeld zwar mit, bot aber eine miserable Partie

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Sie strahlten nicht, sie grinsten. Die Spieler von Hertha BSC freuten sich auf eine ganz spezielle Art über den 3:0-Sieg gegen Arminia Bielefeld, den sie am Samstagnachmittag errungen hatten: so als hätten sie ein schlechtes Gewissen. Sie wussten, dass sie nicht gut gespielt hatten. Dennoch stehen die Berliner nach dem 26. Spieltag auf Platz fünf der Tabelle. Der berechtigt zur Teilnahme am Uefa-Pokal. Und genau das ist das neue, offizielle Saisonziel von Hertha BSC.

Schon am Donnerstag vor dem Spiel gegen Bielefeld erklärte Dieter Hoeneß Platz fünf zur neuen Vorgabe für die Mannschaft. Trotz der guten Ergebnisse in dieser Saison war die Zielvorgabe nie nach oben korrigiert worden. Brav sprachen alle bei Hertha vom neunten Tabellenplatz, den man erreichen wolle. Seit Donnerstag fühlen sich die Herthaner nun offiziell als Spitzenmannschaft.

Das schien sie mächtig zu lähmen drei Tage später. In der ersten halben Stunde des Spiels gegen Arminia Bielefeld lief nichts bei den Gastgebern, danach auch nicht viel mehr, und dennoch hat Hertha am Ende klar gewonnen. Gästetrainer Uwe Rapolder brachte es auf den Punkt: „Das zeichnet eine Spitzenmannschaft aus, dass sie eine optimale Chancenverwertung hat.“ Rapolder war stolz auf den Auftritt seines Teams, das eigentlich über die gesamte Spielzeit den besseren Fußball bot, aber im Abschluss allzu fahrlässig agierte.

Trotz all der Fehlpässe, trotz der miserablen Vorstellung von Regisseur Marcelinho, trotz des wie üblich peinlichen Stargehabes von Normalerweise-Ergänzungsspieler Zecke Neuendorf, trotz des lustlosen, tempoarmen Gekickes, das die Hertha über weite Strecken des Spiels zeigte, gibt es auch Positives zu berichten von der selbst ernannten Spitzenmannschaft.

Zum einen verdient Kapitän Arne Friedrich eine besondere Würdigung. Der nämlich kommt immer besser in Fahrt. Doch seine meist unauffällige Spielweise ist wohl der Grund dafür, dass ihm nur allzu selten die entsprechende Ehre zuteil wird. Am vergangenen Samstag hieß sein Gegenspieler auf der rechten Verteidigungsseite Delron Buckley. Der hat in dieser Saison bereits 15 Tore erzielt und überzeugt auch im Spielaufbau regelmäßig.

Gegen Hertha gelang ihm das nicht. Und das lag an Arne Friedrich. Der stille Captain nahm dem Mann aus Südafrika in seiner unnachahmlich unspektakulären Art immer wieder den Ball ab, so als wäre es die einfachste Übung der Welt, den zweitbesten Torschützen der Liga in Schach zu halten. Friedrich dürfte in der Form keine Probleme haben, sich auch in der Nationalmannschaft durchzusetzen.

Die zweite positive Erkenntnis aus dem Spiel gegen Bielefeld lautet: Die Mannschaft ist nicht mehr allein von den Ideen Marcelinhos abhängig. Das deutete sich bereits in den Spielen an, in denen die Berliner auf die Dienste ihres Vorzeigebrasilianers verzichten mussten. Marcelinho spielte gegen Bielefeld zwar mit, war aber so schlecht, dass Hertha genauso gut mit zehn Spielern hätte auflaufen können. Die Rolle des Matchwinners übernahm derweil ein junger Mann namens Thorben Marx. Der lief mit mächtig viel Selbstbewusstsein über den Platz und zog zweimal aus zweiter Reihe ab. Zweimal landete der Ball im Tor der Gäste. Manager Hoeneß weiß schon lange um die Qualitäten seines jungen Angestellten: „Ich habe ihm schon öfter gesagt, dass er einmal abziehen soll.“ Marx hat jetzt wieder gute Karten im Kampf um einen Stammplatz. Hertha-Trainer Falko Götz wechselte den Weitschützen kurz vor Schluss aus und gewährte ihm somit einen Sonderapplaus von den Rängen. Marx nahm auf der Bank Platz, auf der er nicht selten 90 Minuten lang sitzt, und sah von dort aus, wie Yildiray Bastürk das 3:0 erzielte.

Hertha verfügt also mittlerweile über einen ausgeglichenen Kader, was für eine Spitzenmannschaft unabdingbar ist. Spiele zu gewinnen, ohne dabei gut gespielt zu haben, das gelingt meist nur so genannten Spitzenmannschaft. In diesem Sinne ist Hertha mit dem Spiel gegen Bielefeld im Kreis der erlauchten Spitzenclubs angekommen.