: Nebelkerzen über Niedersachsens AKWs
Der Bund und Niedersachsen streiten um die Einnebelung von Atomkraftwerken zum Schutz vor Terrorangriffen
HANNOVER taz ■ Der geplante Schutz der Atomkraftwerke vor Terrorangriffen durch Flugzeuge sorgt für handfesten Streit zwischen Niedersachsen und dem Bundesumweltministerium. Die CDU-geführte Landesregierung in Hannover wollte bei der Installation von Schutzeinrichtungen AKW-Betreibern weit entgegenkommen und die Aufstellung von Nebelwerfern ohne förmliches Genehmigungsverfahren gestatten. Das Bundesumweltministerium erteilte dem Land daraufhin eine förmliche Weisung, nach der Niedersachsen nun doch solche Genehmigungsverfahren durchführen und die Wirksamkeit der Nebelwerfer genauer prüfen muss.
Über die Details des Streits schweigen sich beide Seiten derzeit naturgemäß zwar aus. Immerhin hat das Bundesumweltministerium seine förmliche bundesaufsichtliche Weisung mittlerweile aber bestätigt. Es gehe dabei nicht um ein politisches Pokerspiel, sondern um die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen, sagte eine Sprecherin des zuständigen Bundesministers Jürgen Trittin (B90/Grüne). Mit einem symbolischen Nebelschutz werde sich das Bundesumweltministerium weiterhin nicht zufrieden geben.
Eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministers Hans-Heinrich Sander (FDP) sprach dagegen von einer „Nadelstichpolitik“, der sich die niedersächsische Atomaufsicht durch Berlin ausgesetzt sehe. Niedersachsen wolle nichts anderes, als zum Schutz der Atomkraftwerke vor terroristischen Angriffen einen Vorschlag der Betreiber umsetzen. Dieser sei in mehreren Feldversuchen überprüft. Darüber hinaus hätten an an der Wirksamkeit der Vernebelungsanlagen weder die Gesellschaft für Reaktorsicherheit noch die Reaktorsicherheitskommission als Experten des Bundes grundsätzlich Zweifel angemeldet.
In Niedersachsen gibt es derzeit drei AKW: Emsland (Lingen), Grohnde (Emmerthal bei Hameln) und Unterweser (Rodenkirchen). Die Landesregierung wirft dem Bund außerdem vor, zu hohe Anforderungen an die Prüfungen der zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen gestellt zu haben. Das führe dazu, dass die schon möglichen Verbesserungen beim Terrorschutz für AKW ohne Grund verhindert würden.
Der Bund wiederum besteht nicht nur gegenüber der Landesregierung, sondern auch gegenüber den Energieversorgungsunternehmen auf einem gesonderten Wirksamkeitsnachweis. Ohne einen solchen Nachweis für die Nebelanlagen werde es keine Genehmigung geben. An diese Weisung des Bundes muss sich Niedersachsen halten.
Ob allerdings am Ende des Streits tatsächlich ein wirksamer Schutz von AKW vor Luftangriffen steht, bleibt fraglich. Denn Vernebelungsanlagen verlieren etwa bei Wind schnell ihre Wirkung. JÜRGEN VOGES