: Die zwei Gesichter von VW, BMW und Co.
Automobilbranche klagt im US-Bundesstaat Kalifornien gegen ein progressives Klimaschutzgesetz. Deutsche Umweltverbände verweisen auf die Selbstverpflichtung und werfen Pkw-Bauern Heuchelei vor. Sie sollen aus Klagegemeinschaft aussteigen
AUS FRANKFURT/MAIN KLAUS PETER KLINGELSCHMITT
Arnold Schwarzenegger, einst Muskelprotz und heute republikanischer Gouverneur von Kalifornien, holte sich Allan Lloyd ins Kabinett. Ausgerechnet Allan Lloyd: Der nämlich ist sowohl Umweltexperte als auch Demokrat. Das blieb nicht ohne Folgen: Ende 2004 verabschiedete der bevölkerungsreichste Staat der USA ein Klimaschutzgesetz, um Treibhausemissionen von neu zugelassenen Fahrzeugen ab 2009 zu begrenzen. Schrittweise sollen so bis zu 30 Prozent Kohlendioxid im Jahre 2016 eingespart werden.
Eines der schärfsten Klimagesetze in den USA – solcherlei provoziert umgehend Gegenreaktionen der US-Autoindustrie: Eine Allianz aus DaimlerChrysler, Porsche, BMW und Volkswagen reichte mit freundlicher Unterstützung japanischer Autobauer Klage vor dem kalifornischen Staatsgerichtshof ein.
Was wiederum eine Allianz deutscher Umweltschutzverbände auf die Tagesordnung rief: In Frankfurt forderten gestern WWF, Robin Wood, Greenpeace und Co. den Widerruf dieser Klage. „Dieselben Unternehmen haben sich in Europa verpflichtet, bis 2008 bei Neuwagen die Kohlendioxidemissionen auf maximal 140 Gramm pro gefahrenen Kilometer zu drücken“, so Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Klage in Kalifornien mache deutlich, dass die Automobilindustrie „hier in Deutschland ihre Selbstverpflichtung nicht ernst nimmt“. Schließlich sei in Kalifornien nach dem neuen Gesetz 2012 mehr Ausstoß erlaubt als in old europe: knapp 200 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenem Kilometer.
Von den zehn größten Spritfressern, die in Kalifornien fahren, kommen sieben aus Deutschland, so BUND-Experte Reh. Allen voran BMW mit seinem M3, der auf 100 Kilometern 23 Liter verbraucht – und entsprechend viel ausstößt.
Die Unternehmen selbst pochen auf „gleiche Rahmenbedingungen in allen Bundesstaaten der USA“ (BMW). Auch VW beklagt den „kalifornischen Sonderweg“, der dann den Bau von Sondermodellen für diesen – allerdings größten – regionalen Markt in den Staaten erforderlich mache. Die Branche in den Staaten kündigte einen Aufschlag von rund 3.000 Dollar auf alle Neuwagen an, falls das „Sondergesetz“ in Kalifornien von den Richtern nicht doch noch eliminiert werde. Und das verschlechtere dann die Lage der ohnehin angeschlagenen US-Automobilbauindustrie noch weiter.
Die Umweltverbände halten dagegen. „Weitere Bundesstaaten werden dem kalifornischen Beispiel folgen“, so Manfred Treber von Germanwatch. Auch Kanada plane eine entsprechende Verschärfung bei der Klimaschutzgesetzgebung. Die Unternehmen könnten sich also durchaus auf die Produktion auch größerer Serien schadstoffarmer Pkw und Kleinlastwagen einstellen. „Es ist heuchlerisch, dass sich die deutsche Autoindustrie einerseits ein umweltfreundliches Image gibt, andererseits aber gegen Umweltgesetze vorgeht.“
meinung und diskussion SEITE 12
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