: Hans macht Dampf
Die Kölner Haie schlagen den mit vier NHL-Profis angereicherten ERC Ingolstadt 3:2 und gehenin der Viertelfinalserie mit 2:1 in Führung. Eine Vorentscheidung ist damit freilich nicht gefallen
AUS KÖLN CHRISTIANE MITATSELIS
Alex Hicks, 36, ist ein robuster, rauflustiger Eishockey-Stürmer mit Kämpferherz. Der Kanadier, der seit 2001 für die Kölner Haie in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) spielt, hat schon viel erlebt in seiner 15 Jahre währenden Profi-Karriere. Bevor er nach Deutschland kam, war er in verschiedenen nordamerikanischen Ligen engagiert, in seiner besten Zeit in den 90er-Jahren bestritt er gar 258 Spiele in der NHL. Am Dienstagabend wusste Hicks dennoch und trotz all seiner Erfahrung zunächst nicht so genau, was er sagen sollte. Dann sagte er ungläubig lächelnd: „Ingolstadt ist eine wirklich sehr, sehr gute Mannschaft. Und wir haben sie heute trotzdem besiegt.“
So war es tatsächlich, 3:2 lautete das Ergebnis. Mit enormem Einsatz, Disziplin und viel Glück bezwangen Hans Zachs Kämpfer-Haie im dritten Spiel der Playoff-Viertelfinal-Serie Ingolstadt, ein mit vier aktuellen NHL-Profis angereichertes Team. In der Verlängerung traf Hicks nach acht Minuten. „Sudden Death“ – die Partie war aus. 2:1 führen die Haie nun in der Serie „Best of Seven“, die schon heute Abend in Ingolstadt fortgesetzt wird.
Natürlich ist das Viertelfinale noch nicht entschieden, die Kölner Klub-Funktionäre sind aber jetzt schon froh, dass die Haie den Ingolstädtern überhaupt so viele Probleme bereiten können. Denn es geht hier auch um eine Glaubensfrage, in dem Duell prallen zwei konträre Eishockey-Anschauungen aufeinander: einerseits Ingolstadt, das mit den Angreifern Marco Sturm (San José Sharks), Jamie Langenbrunner (New Jersey Devils), Andy McDonald (Anaheim Mighty Ducks) und Verteidiger Aaron Ward (Carolina Hurricanes) so viele, derzeit ausgesperrte NHL-Spieler verpflichtet hat wie kein anderes DEL-Team. Andererseits die Haie, die im Gegensatz zu den anderen Spitzenteams ganz auf prominente Verstärkung aus Nordamerika verzichteten.
Ex-Bundestrainer Zach setzt wie üblich lieber auf mannschaftliche Geschlossenheit. Für ihn zählt der Teamgeist; das Risiko, einen zwar hochbegabten, aber womöglich kapriziösen Star in seine Mannschaft aufzunehmen, war dem Tölzer zu groß. Und überhaupt: „Ingolstadt hat sich hochgekauft“, zeterte Zach unlängst im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Und: „Ich habe eine andere Philosophie.“ Die sieht vor, eine Mannschaft aus Einheimischen und Ausländern, denen Zach guten Charakter bescheinigt hat, zu formen.
So zeigten seine Haie in der Tat bisher ein nimmermüdes Engagement, während für die schönen Spielmomente bislang Ingolstadt verantwortlich war. „Unsere NHL-Spieler sind Super-Typen“, sagt ERC-Manager Stefan Wagner. „Sie sind ein Gewinn für uns und natürlich auch für die Zuschauer.“ Vor allem das Powerplay, das die NHL-Angreifer zelebrieren, ist eine wunderbare Sache, die in der DEL nach dem Ende des Arbeitskampfes in der besten Eishockey-Liga der Welt so nicht mehr zu sehen sein wird. Sechsmal war Ingolstadt in der Viertelfinalserie bereits in Überzahl erfolgreich, am Dienstagabend donnerten zwei Schüsse von McDonald – zum großen Glück für die Haie – jedoch nur an den Pfosten.
Sollte Ingolstadt das Halbfinale erreichen, ist sicher noch eine Steigerung möglich. Der deutsche Nationalspieler Sturm und der Kanadier McDonald spielen schon seit Saisonbeginn für Ingolstadt und hatten Zeit, sich an die große Eisfläche und die sonstigen Besonderheiten der deutschen Liga zu gewöhnen. Langenbrunner hingegen, der zweimalige Stanley-Cup-Sieger, kam erst im Februar dazu. Die Eingewöhnung ist nicht so einfach, sagt der US-Amerikaner: „Für mich ist es immer noch schwierig, mich auf die Verhältnisse hier einzustellen. Das ist schon manchmal etwas frustrierend.“
Der 29-Jährige spricht von dem nervenden Halten, Haken und Klammern, das in der DEL Usus ist. Immerhin zeigt Langenbrunner gute Selbstbeherrschung, seine Strafzeiten-Ausbeute hält sich in Grenzen, dazu sind ihm schon drei Scorerpunkte gelungen. „Ich glaube, wir haben bisher nur angedeutet, wie gut wir spielen können. Aber je länger wir in der Serie bleiben, desto besser werden wir“, meint er. Die Haie dürfen das getrost als Drohung verstehen.