„Kulturdeutscher“ mit Sündenregister

Dem stramm rechten Vordenker von Österreichs FPÖ, Andreas Mölzer, droht der Rauswurf aus der Bundespartei

„Jörg! Der Eisbrecher!“ Mit dieser Hymne in Buchform vermehrte Andreas Mölzer vor 15 Jahren den Ruhm seines politischen Idols. Jörg Haider bedankte sich: 1990 machte er den willfährigen Journalisten zum Chef des Freiheitlichen Bildungswerkes, dann schickte er ihn als Kärntner Abgeordneten in den Bundesrat, die Länderkammer des Parlaments. Das freiheitliche Gedankengut und der damalige Parteiobmann waren bei ihm in besten Händen.

Heute sieht Mölzer in Haider nur mehr einen eitlen Altpolitiker, der seine eigene Partei mutwillig in die Selbstvernichtung reitet. Der Wahlkärntner galt als Vordenker der FPÖ. Während der Mehrheit des Parteivolks eher unterdurchschnittliche Bildung und Intelligenz nachgesagt wird, ist Mölzer ein stramm rechter Intellektueller. Aus seiner deutschnationalen Gesinnung hat er eine Marke gemacht.

Angesichts einer vermeintlich unaufhaltsamen Einwanderungswelle schrieb er als Journalist in den 90ern gegen drohende „Umvolkung“ an, ein verbales Hirngespinst der Nazizeit. Damit provozierte er die Abspaltung des Liberalen Forums unter Heide Schmidt. Aber auch bei Jörg Haider war Deutschtümelei nicht mehr gefragt.

Mölzer, der sich gern als „Kulturdeutscher“ definiert, fiel in Ungnade und verlor seine Posten. So gründete er die Wochenschrift Zur Zeit, in der er sich publizistisch so richtig austoben kann. Rechte und rechtsextreme Autoren finden da ein Forum.

Als Jörg Haider 1999 Landeshauptmann von Kärnten wurde, konnte auch Mölzer seine politische Auferstehung feiern. Er bekam einen wohl dotierten Konsulentenvertrag als Kulturberater. Kulturschaffende erinnern sich mit Schaudern. 2002 sorgte er wieder für Aufregung, als er ein Treffen mit den Spitzen des berüchtigten flämischen Vlaams Blok am Wörthersee einfädelte. Den Flamen ist er jetzt viel näher. Denn bei den Europawahlen im Vorjahr konnte Andreas Mölzer dank einer erfolgreichen Kampagne um Vorzugsstimmen den offiziellen Spitzenkandidaten ausbooten und das einzige Mandat der FPÖ für das Europaparlament erobern.

Jetzt ist er dort ein wilder Abgeordneter, denn die Partei hat ihn verstoßen. Mölzers Sünde: Er sprach angesichts der öffentlichen Selbstzerfleischung in seiner Postille aus, was bisher nur linke und unabhängige Kommentatoren zu sagen wagten. Zum Beispiel über Haiders Schwester Ursula Haubner: „Die Parteichefin ist als solche primär in ihrer Eigenschaft als Schwester begründet.“ Vizekanzler Hubert Gorbach sei „ein klassischer Wirtschaftsliberaler und zu ÖVP-affin“. Der FPÖ riet er, aus der Regierung auszutreten, wenn sie nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wolle.

Aus der Kärntner FPÖ wurde Mölzer bereits ausgeschlossen. Für gestern Abend kündigte die Bundespartei das Gleiche an. Doch der deutschnationale Kern der FPÖ hält zu seinem Sprachrohr. Ätzende Kritik von rechts außen wird Haider und Co. auch in Zukunft nicht erspart bleiben.

RALF LEONHARD