: Nur wer Irisch kann, kommt sicher an
Gesetz tilgt englische Ortsnamen aus Karten für westirische Landesteile. Damit soll Landessprache aufgewertet werden
DUBLIN taz ■ Die irische Sprache hat schon so manchen Touristen in eine peinliche Situation gebracht. Wer unter Zeitnot vor den Toilettentüren kombiniert, dass „Fir“ Frau und „Mna“ Mann heißt, geht durch die falsche Tür. Nun wird es für ausländische Besucher noch schwieriger. Ein Gesetz, das am Montag in Kraft trat, tilgt die englischen Ortsnamen aus behördlichen Dokumenten und Landkarten – jedenfalls in den westlichen Landesteilen, den „Gaeltachts“, wo das irische Gälisch noch Umgangssprache ist. Wer dann nicht weiß, dass der südwestirische Ort Ventry auf Irisch Ceann Trá heißt, wird ihn lange suchen.
Irisch ist laut Verfassung von 1937 die erste Landessprache, Englisch wird als zweite offizielle Sprache anerkannt. Die Realität steht in krassem Gegensatz dazu: Höchstens 80.000 Menschen benutzen Irisch heute noch als Umgangssprache. Der Niedergang begann im 18. Jahrhundert, als der Handel mit England stetig zunahm. Die Londoner Regierung gab der Sprache dann den Rest. Nach der großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts war es verboten, in der Schule Irisch zu sprechen. Die Kinder mussten einen Holzstock um den Hals tragen, in den für jedes irische Wort, das sie sagten, eine Kerbe eingeritzt wurde. War am Ende der Woche eine bestimmte Anzahl von Kerben überschritten, wurde die Eltern des Kindes mit Lohnabzügen bestraft.
Seit der Loslösung von England 1922 versucht Dublin, das Irische wiederzubeleben. Wer in den Gaeltachts wohnt, zahlt keine Steuern und erhält Zuschüsse beim Hausbau, muss sich aber verpflichten, Irisch als Umgangssprache zu benutzen. Ein Gesetz verfügt, dass jeder Beamte Irisch können muss, Kinder müssen es in der Schule lernen, und behördliche Formulare sowie Straßenschilder sind schon lange zweisprachig.
Aber beim Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft 1973 verzichtete die Regierung darauf, Irisch als eine offizielle EG-Sprache anerkennen zu lassen. Aus Protest dagegen drehen Einheimische in den Gaeltachts die englischen Schilder in die falsche Richtung, sodass Ortsunkundige im Kreis herumirren. Mit dem neuen Gesetz mischt nun auch die Regierung mit bei der Verwirrungstaktik. Doch diese Meinung teilen nicht alle. „Das Gesetz ist ausgezeichnet. Es ist überfällig, dass die alten Kolonialnamen verschwinden“, sagt Gabriel Rosenstock, der über 100 Bücher auf Irisch verfasst hat. „Ich freue mich auf den Tag, an dem das in ganz Irland der Fall sein wird.“ RALF SOTSCHECK
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