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Archiv-Artikel

Mitten ins Gelbe blicken

Der New Yorker Maler Peter Wegner ist auf den Spuren von Barnett Newman: Die Akira Ikeda Gallery zeigt seine großformatigen, fast monochromen Arbeiten

In den USA und in Kanada ist der New Yorker Maler Peter Wegner alles andere als ein Unbekannter. Werke von ihm wurden vom Museum of Modern Art und vom Los Angeles County Museum angekauft; doch in Europa hat der 1963 geborene Künstler bislang nur an wenigen Gruppenausstellungen teilgenommen. Die Akira Ikeda Gallery im Pfefferberg präsentiert nun Peter Wegners erste Soloausstellung in Europa. Dabei stehen seine großformatigen, oft fast monochromen Arbeiten hier am richtigen Ort: Akira Ikeda, thematisch auf Minimal und Color Field Art ausgerichtet, hat schon Frank Stella, Imi Knoebel und Günther Uecker ausgestellt.

Wegner malt vorwiegend mit leuchtender Emaille auf Pappelholz. Im Gegensatz zur Color Field Art der Sechzigerjahre, als deren Paradebeispiel Barnett Newmans „Who's afraid of Red, Yellow and Blue?“ von 1968 gilt, zielt die Farbgebung nicht auf Dissonanz und Komplementarität, sondern auf Abstufungen. Entsprechend tragen Wegners Arbeiten Titel wie „Blues between Greys“ oder „Blue as a Form of Night“. Sogar ein Streit über die Farbe Rot – „Argument Concerning Red“ – wird so zu einer Imagination in unendlich vielen Nuancen.

Mit seinen farbtheoretischen Konzepten sieht sich Wegner in der Tradition von Josef Albers, der ebenfalls auf Zwischentöne setzte und Anfang der Sechzigerjahre die einflussreiche Schrift „Wechselwirkung der Farbe“ schrieb. Im Vergleich zu seinem Vorbild ist Wegner jedoch sehr viel poetischer: „Twigs of a Tree, Tree of a Forest“, nach einer Gedichtzeile von John Ashbery, heißt eine Installation von mit Emaille bemalten grau-braun-grünen Holzplatten. Dieser moderne Wald ist durchaus betörend, man wird ein wenig an die Unüberschaubarkeit der großflächigen Werke einiger amerikanischer abstrakter Expressionisten erinnert.

Dabei merkt man den Arbeiten an, dass Wegner seinen Standort im Hier und Jetzt nicht leugnet und nie anachronistisch wirkt: In „Accounting (Everything under the Sun)“ steht der Besucher vor einer runden Fläche – einem Himmelskörper gleich –, die sich aus zerschnittenen Karteikarten zusammensetzt. Wer sehr nah herantritt, kann gedruckte Worte wie „total time“, „amount“ oder „expense“ lesen. Der Gedanke an einen „Planet Money“ liegt nahe, aber durch die stark formalisierte Sprache in „Accounting (Everything unter the Sun)“ wird die Ästhetik nicht der Moral geopfert.

Die Galerie Akira Ikeda verfügt über einen kleinen, bisweilen schwer zu bespielenden Raum, in dem „Yellow Interval“ zu besichtigen ist. Auf frappierende Weise gelingt es dem Künstler, mit diesem „Blick ins Gelbe“ beim Betrachter auf der einen Seite ein Gefühl von Weite und Entgrenzung und auf der anderen Seite die Anmutung eines intimen, zurückgezogenen Orts zu erzeugen. Bei näherer Betrachtung besteht die große Farbwand jedoch aus den Rückseiten von unendlich vielen Papieren. Diese Schnittlinien oder „Intervalle“ geben der Arbeit etwas unerwartet Aggressives und irritieren die sakral anmutende Atmosphäre des leuchtend gelben Raumes. In dieser Kleinteiligkeit und Parzellierung kann man auch eine Absage Wegners an die „Ideologen“ Rothko und Newman sehen, die ihre großformatigen Arbeiten und die „Rückkehr zur Farbe“ in den Fünfzigerjahren noch als Signale „amerikanischer Freiheit“ an das kriegszertrümmerte Europa verstanden hatten. TANJA DÜCKERS

Peter Wegner: „New Works“, bis 30. 4., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Akira Ikeda Gallery, Schönhauser Allee 176, www.akiraikedagallery.com