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Archiv-Artikel

Land reagiert allergisch auf Kölner Feinstaub

Das NRW-Umweltministerium will die neue Kölner Luftmessstation in einem dichter bewohnten Gebiet aufstellen. Mit Bezirksregierung und Stadt soll heute ein neuer Standort gefunden werden. Ministerin Bärbel Höhn kritisiert Köln

KÖLN taz ■ Das Landesumweltministerium will die neue Feinstaubmessanlage nun doch nicht an der Inneren Kanalstraße aufbauen. Um schnell einen geeigneteren Standort zu finden, hat das Ministerium Stadt und Bezirksregierung Köln sowie das Landesumweltamt für den heutigen Freitag nach Düsseldorf bestellt. Die neue Messanlage solle statt am Grüngürtel besser in einer Straßenschlucht aufgestellt werden, heißt es aus dem Ministerium. Auf beiden Seiten bebaute Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen gelten als besonders Feinstaub belastet.

Zugleich kritisiert die grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn die Stadt Köln: Nach nur elf Monaten habe diese im Jahr 2003 ihre Verkehrsmessungen abgebrochen, „obwohl die Europäische Union 12 Monate fordert, um festzustellen, ob die Grenzwerte für bestimmte Stoffe in der Luft überschritten sind“.

Für die Abschaffung des Messsystems waren indes Parteifreunde von Höhn mitverantwortlich. Aufgrund der Haushaltslage sei das leider nicht anders möglich gewesen, rechtfertigt die grüne Ratsfrau Sabine Müller die Stilllegung. „Wir haben viele wichtige Bereiche, die wir nicht finanzieren können“, pflichtet CDU-Ratsherr Karsten Möring bei. Außerdem seien die Messungen Landesaufgabe, argumentieren beide.

Das Landesumweltamt müsse nun weitere Messstationen in Köln aufbauen, etwa im Rechtsrheinischen an der Bergisch-Gladbacher Straße, fordert Müller, die auch grünes Mitglied im Ratsausschuss „Umwelt, Gesundheit und Grün“ ist. Das wiederum will das Höhn-Ministerium nicht: Zu teuer, außerdem gehöre Köln nach Berechnungen des Landes „nicht zu den Standorten mit der höchsten Priorität bei der möglichen Überschreitung von EU-Grenzwerten“.

Grüne wie auch Naturschützer verlangen auch von der Stadt Köln konkrete Schritte, um die Bürger vor krebsauslösendem Feinstaub zu schützen. „Es kann nicht sein, dass Köln pennt, während andere Städte aktiv werden“, sagt Christine Zechner von BUND Köln. Nach Ansicht der Grünen sollte die Stadt nicht auf neue Messergebnisse im Innenstadtbereich warten. Schon 1998 seien an 115 Straßenabschnitten zu hohe Staub-, Benzol- und Stickoxidwerte gemessen worden, argumentiert Müller. Mit aktuellen Verkehrszählungen ließen sich „ohne viel Aufwand“ die Orte bestimmen, wo die gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch Feinstaub am höchsten sein dürfte.

BUND und Grüne befürworten Tempolimits und Fahrverbote für LKW und Dieselfahrzeuge ohne Rußpartikelfilter. BUND-Frau Zechner widerspricht Einschätzungen, dass Tempolimits nichts bringen würden. Wenn dadurch der Verkehrsfluss nicht aufgehalten würde, ginge der Schadstoffausstoß sehr wohl zurück. Zugleich sprach sie sich gegen Straßenspülungen aus, weil damit nur die Symptome bekämpft würden. Die Grünen fordern nun die Verwaltung auf, bis zum 31. August einen Luftreinhalteplan für die Kölner Innenstadt sowie einen Aktionsplan für die Ein- und Ausfallstraßen mit hohem Verkehrsaufkommen zu erstellen. DIRK ECKERT