DAS NEUE BANKRECHT WIRD DIE FLUCHT VON SCHWARZGELD FÖRDERN
: Aufruf zum Schmuggel

Steuerflüchtige und Schwarzgeldbesitzer haben es nicht leicht. Genügte bislang ein zarter Mausklick, um heimliches Geld per Überweisung virtuell ins Ausland zu transferieren, so müssen seit dem 1. April die teuren Scheine und Bündel handfest und im Kofferraum über die Grenze geschmuggelt werden. Mit dem janusköpfigen Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit hat die rot-grüne Bundesregierung zwar kaum Schwarzgeld nach Deutschland zurückgeholt, aber sie hat damit – unbeabsichtigt – die Kapitalflucht beflügelt.

Wenn die ersten Kinderkrankheiten behoben sind und die Software in einem halben Jahr bundesweit läuft, bleibt kein verheimlichtes Bankkonto eines Bürgers vor dem Auge von Finanzbeamten und Sozialsachbearbeitern geheim – drei Jahre lang rückwirkend. Von der Kenntnis des verschwiegenen Kontos bis zur Abfrage bei der Bank nach Kontostand und Geldbewegungen ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Überweisungen ins Ausland verbieten sich also fortan für Zeitgeistgenossen, die auch gegenüber dem Fiskus Geiz geil finden. Was bleibt, ist der ordinäre Schmuggel von Geldscheinen und Goldbarren, wie ihn Drogendealer und Frauenhändler ohnehin bevorzugen. Da der Zoll an der schweizerischen Grenze relativ scharf nach Zaster fahndet, die Reise nach Luxemburg verdächtig ist, bietet sich vor allem Österreich an: Die Grenzkontrollen gehen gegen null, und das Bankgeheimnis hat Verfassungsrang. Österreichische Medien melden vor allem aus den westlichen Grenzregionen einen Run deutscher Anleger, die neue Konten eröffnen. Österreichische Experten schätzen, dass heute rund 50 Milliarden deutsche Euros in Österreich versteckt liegen.

Nun ist nicht jeder Austria-Euro ein Asozialer oder Krimineller, einige Bundesbürger fliehen mit ihrem legalen Geld schlicht vor der Kundenfeindlichkeit deutscher Banken ins Service-Paradies. Trotzdem zeigt der Österreichboom wieder einmal, wie eng die Grenzen nationaler Gesetzgebung sind, solange Österreich und die Schweiz, aber auch Liechtenstein und Belgien ihre Fluchtburgen verteidigen. HERMANNUS PFEIFFER