: Schon Ladenschluss für Karstadt-Chef
Auf Druck der Gläubigerbanken wird Christoph Achenbach durch Finanzvorstand Harald Pinger an der Spitze des Warenhaus-Konzerns ersetzt. Sanierungsprogramm stockte, kaum Verkauf von Filialen. Zerschlagung des Konzerns kein Tabuthema mehr
AUS FRANKFURT AM MAINKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Mit dem Abgang von Ex-Karstadt-Vorstand Christoph Achenbach und der Nachfolge durch Harald Pinger geht die Krise des angeschlagenen Handelskonzerns weiter. Das Sanierungsprogramm, mit dem der Vorstand des Kauf- und Versandhauskonzerns im Oktober 2004 die Gläubigerbanken zunächst ruhig stellen konnte, ist noch nicht einmal im Ansatz abgearbeitet. Und die kühnen Ergebnisprognosen vom vergangenen Jahr wurden längst tief nach unten korrigiert. Offenbar ist auch die Zerschlagung von KarstadtQuelle kein Tabuthema mehr.
Der erst im Sommer 2004 vom Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden ernannte Achenbach (46) kam mit dem Rücktritt seiner Ablösung nur knapp zuvor. Bei den Kapitaleignern des Konzerns, die gestern in Wiesbaden tagten, standen „Personalfragen“ ganz oben auf der Agenda. Dem zunächst als Retter vor der Insolvenz gefeierten Achenbach wurden Zögerlichkeiten und Fehler bei der Umsetzung des Sanierungsprogramms angelastet. Bislang wurden gerade einmal fünf von rund 80 nach dem Sanierungsprogramm zu veräußernden Filialen von Karstadt auch tatsächlich verkauft. Zudem trage Achenbach die Verantwortung dafür, dass das Weihnachtsgeschäft hinter dem der Konkurrenz zurückblieb und der Konzern auch im laufenden Geschäftsjahr weiter rote Zahlen schreibe, hieß es aus Aufsichtsratskreisen.
Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und Arbeitnehmervertreter Wolfgang Pokriefke glaubt zu wissen, dass „gewisse Kreise“ aktuell daran interessiert seien, Karstadt „kaputt“ zu machen. Konkreter wurde Pokriefke allerdings nicht.
Dass die Zerschlagung von „KarstadtQuelle“ für die Kapitaleigner – allen voran die Großaktionärin Madeleine Schickedanz – auch eine Option ist, sei zwar nur ein „Marktgerücht“, behauptete die FAZ. Dieses freilich wird dadurch erhärtet, dass Harald Pinger (45) nun Nachfolger von Achenbach wird. Denn für die Abwicklung eines Konzerns braucht man einen wie Pinger, der bislang als Finanzvorstand amtierte. Pinger, der im Herbst 2004 von Messer Griesheim zu Karstadt wechselte, ist ein ausgewiesener Finanz- und Finanzierungsexperte, dem von Börsianern auch bei einer Fortsetzung der Abwicklung des Sanierungsprogramms das Einschlagen einer schärferen Gangart zugetraut wird. Schon gestern legte der Aktienkurs um mehr als zwei Prozentpunkte zu.
Betriebsräte in den Warenhäusern und andere Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat weinen allerdings auch Achenbach keine Träne nach. Das harte Sanierungskonzept, dass 5.500 Arbeitsplätze vernichte und den ohnehin unterbezahlten verbleibenden Arbeitnehmern in den Kauf- und Versandhäusern weitere tiefe Einschnitte in ihre Lohnstrukturen zumute, trage schließlich die Handschrift von Achenbach. Bei der geschlossenen Filiale von Karstadt in Wiesbaden etwa mussten sich entlassene Arbeitnehmer ihre vertraglich zugesicherten Abfindungen sogar vor den Gerichten erstreiten. Auf Anweisung von „ganz oben“ seien die Beträge „willkürlich gekürzt“ worden.
Dass auch die 16 Gläubigerbanken, die ihre „Felle“ wohl endgültig davonschwimmen sahen, enormen Druck auf den Aufsichtsrat ausgeübt haben, steht außer Zweifel. Alleine 75 Warenhäuser soll der neue Interimsvorstandsvorsitzende Pinger noch in diesem Jahr abstoßen. Dazu noch Filialen der Töchter SinnLeffers, Runners Point, Wehmeyer und Golf House. Das würde 1,1 Milliarden Euro in die Kassen des Konzerns spülen und dem dann geschrumpften Unternehmen wohl eine Zukunft am Markt sichern. Ein Finanzinvestor aus Hamburg soll jetzt am Kauf der Karstadthäuser „Interesse angemeldet“ haben; allerdings für sehr viel weniger Geld – 400 Millionen Euro –, als die KarstadtQuelle AG dafür bekommen wollte. Viel Zeit bleibt Pinger, dem fünften Vorstandsvorsitzenden des Konzerns in nur zwei Jahren, also nicht. Noch 500 Millionen Euro stehen als „Überbrückungsgeld“ bei den Gläubigerbanken auf Abruf bereit. Danach ist dann wohl endgültig Ladenschluss bei KarstadtQuelle.