: Ikea statt Windsor
Hochzeit mit Hindernissen: Heute heiraten Charles und Camilla. Wenn alles gut geht …
DUBLIN taz ■ Heute ist es endlich so weit. Nach der längsten Verlobungszeit in der Geschichte des Hauses Windsor heiratet Prinz Charles seine Geliebte Camilla Parker Bowles. Bis zum Schluss ging alles schief, was schief gehen konnte. Das lag weniger an Murphys Gesetz, sondern an einer märchenhaften Inkompetenz der königlichen Berater, denen selbst ein Kindergeburtstag zum Fiasko geraten würde.
Königin Elizabeth ahnte das wohl schon und winkte von vornherein ab. Ihr Mann Prinz Philip buchte schnell eine Deutschlandreise und wird ebenfalls nicht dabei sein. Auch der europäische Hochadel ist kaum auf dem Standesamt in Windsor vertreten. So schickte beispielsweise die schwedische Kronprinzessin Victoria nach einem Bericht von News of the World die entzückendste Absage: Sie müsse am Samstag in Japan eine Ikea-Filiale eröffnen – das gehe nun mal vor.
Selbst das Schloss der beiden ist nicht hochzeitstauglich: Windsor hat für solche hohen Ereignisse keine Lizenz. An der Zeremonie auf dem nahe gelegenen Standesamt, wo die Queen sonst die Hundemarken für ihre Corgies bekommt, darf theoretisch jeder britische Untertan teilnehmen, so dass Charles eiligst 30 Soldaten abkommandiert hat, um die Plätze im Hochzeitssaal zu besetzen.
Dann kam die Frage auf, ob die Hochzeit überhaupt legal sei. Schließlich wird Charles, wenn er König wird, gleichzeitig auch Oberhaupt der anglikanischen Kirche und soll die Schäfchen von Ehebruch und Scheidung abhalten. Ein Bischof verlangte, dass sich das Brautpaar bei Major Parker Bowles, Camillas geschiedenem Mann, öffentlich für die öffentlichste heimliche Affaire Britanniens entschuldige.
Dann machte der Papst einen Strich durch die Rechnung und wurde gestern, am geplanten Hochzeitstag, in Rom begraben. Charles musste als Abgesandter des Königshauses nach Rom, die Hochzeit wurde um einen Tag verschoben. Elizabeth wollte die Sache um sechs Monate verlegen, doch Charles flehte sie an, zu bedenken, was in diesem Zeitraum alles schief gehen könnte.
Die Andenkenhändler raufen sich jedenfalls die Haare: Servietten, Tassen, Handtücher und andere Erinnerungsstücke mit dem Ehepaar und dem Datum der Eheschließung mussten in den Müllcontainer. Sogar das Grand National, Großbritanniens wichtigstes Pferderennen, musste um eine halbe Stunde verlegt werden, damit es der Hochzeit keine Konkurrenz macht – oder damit Camilla, die Pferdenärrin, die Übertragung nicht verpasst.
Der ewige Thronfolger ist wegen der Pannen dünnhäutig geworden. Vorige Woche, im jährlichen Skiurlaub in Klosters, reagierte er völlig unköniglich auf die Frage des BBC-Klatschreporters, wie er sich acht Tage vor der Hochzeit fühle. Charles glaubte offenbar, der Reporter spiele auf die peinlichen Pannen an, und raunzte seinen beiden Söhnen William und Henry zu: „Fürchterliche Leute. Ich kann diesen Mann nicht ausstehen. Er ist widerlich.“ Den modernen Richtmikrofonen der Reporter entgingen diese Sätze nicht. Der Boulevardkübel The Sun bedankte sich mit einem Hochzeitsgeschenk der sehr eigenen Art. Kurz vor dem Fest schmuggelte ein Sun-Reporter eine Bombenattrappe ins Schloss. Gekonnt marktschreierisch prangerte die Dreckschleuder dann die laschen Sicherheitsvorkehrungen an.
Charles sieht die Medien als seine natürlichen Feinde. Sie haben seine Braut als „Hexe von Wiltshire“ beschimpft und ihr die Schuld an Dianas Tod gegeben, weil sie sich in die Ehe gedrängt habe. Die Briten haben es genauso wenig wie Diana verstanden, was Charles an Camilla eigentlich fand. Dabei ist doch eher rätselhaft, warum eine intelligente und bodenständige Frau wie Camilla in eine solch marode Familie wie die Windsors einheiraten will?
Camilla raucht Kette, erschießt Füchse und reitet wie ein Mann. Nach ihrer Hochzeit darf sie sich „Ihre Königliche Hoheit, Herzogin von Cornwall“ nennen. Falls Charles König werden sollte, wird Camilla lediglich zur „Prinzgemahlin“, log die königliche Sippe. In Wirklichkeit wird sie natürlich Königin, wie es seit mehr als tausend Jahren üblich ist. Die Behörde für Verfassungsfragen erklärte, dass das Parlament ein Gesetz erlassen müsste, um das zu verhindern – und nicht nur das Parlament in London. 17 andere Länder, die den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt anerkennen, darunter Australien, Neuseeland und Kanada, müssten ebenfalls ihre Gesetze ändern. Viele dieser Staaten, so befürchten die Royalisten, würden sich bei dieser Gelegenheit zur Republik erklären, statt Untertanen eines Ehepaares zu werden, das zu blöd ist, die eigene Hochzeit zu organisieren.
RALF SOTSCHECK