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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Aufmerksamkeit für das Sterben des Papstes zeigt vor allem, wie groß die Sehnsucht nach Autorität und Führung in Deutschland mittlerweile ist. Ansonsten fehlen hierzulande weniger Johannes-Paul-II.-Plätze als Arbeitsplätze

Von HOL

taz: Was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Sonne werktags, Schnee am Wochenende – bekloppt.

Was wird besser in dieser?

Die mähliche Entpapstung der Nachrichten.

Hätten Sie gedacht, dass es in Deutschland so viele Katholiken gibt?

Nein, es gibt eine undeutliche Sehnsucht nach Autorität und Führung.

Fehlt in Dortmund ein Johannes-Paul-II.-Platz?

18,5 Prozent der Dortmunder fehlt etwas dringlicher ein Arbeitsplatz. Ansonsten ist Dortmund seit 1570 lutherisch; selbst die Gebeine des Stadtpatrons Reinoldus wurden damals nach Köln zurückgeschenkt, um den militanten Katholizismus zu besänftigen und fern zu halten. Mit Teilen des Erstligakaders könnte man heute übrigens auch so verfahren.

Antje Vollmer findet, wo der Hunger nach Religion doch so groß ist, dass wir eine neue Debatte über den Gottesbezug in der EU-Verfassung brauchen. Brauchen wir?

Die Abwesenheit jeglichen ideellen Bezugs in der Verfassung ist schmerzlicher als das Fehlen eines konkreten Religionsbezugs, der nur auf die Vergangenheit verweisen könnte. Wir wissen nicht, ob das künftige Europa einen starken religiösen Bezug haben wird; aber wir wissen, dass es keine Vollversammlung von Nihilisten werden soll. Also hat Vollmer Recht.

Wer muss der nächste Papst werden – und wie?

Ist mir schnurz, bin auch seit 1570 lutherisch. Den Trend von der Weltreligion zur Großsekte muss man ja nicht mitmachen.

Apropros Zukunft: Nächsten Donnerstag tagt wieder der Visa-Untersuchungsausschuss, am Freitag hält die grüne Bundestagsfraktion eine Konferenz zur nachhaltigen Wasserversorgung ab. Was ist wichtiger?

Neben der ins Tollpatschige ragenden Arroganz, mit der der Außenminister Fragen vor sich herschiebt, regt mich das Visathema nicht auf: Man wollte eine durchlässige Zuwanderungsregelung, wie sie die Vorgängerregierung – völkisch verschwiemelt – gegenüber den so genannten Russlanddeutschen heftiger und schädlicher praktiziert hatte. Das ist ein Streit, keine Affäre.

Fürchten Sie um die nachhaltige Wasserversorgung?

In der Tat scheinen mir globale Verteilungskämpfe um Rohstoffe relevanter als aufgeblasener Wahlkampfmumpf, ja.

In NRW hat jetzt offiziell der Wahlkampf begonnen. Bekommt Rot-Grün noch mal die Kurve?

Krieg ich zwei Asse, wenn ich zwei Luschen drücke? Schröders Politikstil ist nicht gerade der eines großen Masterplans, sondern die Schläue des Zockers, der den späten Trumpf nicht ausschließt. Dem ist rational nicht beizukommen, denn Nordrhein-Westfalen ist rational für Rot-Grün verloren. Den Rhein bei Kleve stauen?

Für NRW wär ein Regierungswechsel doch mal ganz gut, oder?

„Peer Wer?“ gegen „Jürgen Jein“: Ich wüsste nicht, woran ich die bessere Alternative inhaltlich erkennen sollte.

Wieso wackelt eigentlich Schröder in Berlin, wenn die Wähler in Bochum und Siegen ihr Bundesland entfilzen?

Vernünftigerweise gäbe es kein Anregieren mehr gegen eine Totalblockade im Bundesrat.

Aber Nordrhein-Westfalen, das ist doch Bayern in anderen Farben …

Mit der Begründung „Die SPD hier ist das, was die CSU in Bayern ist“ wurden die vielen schwarz-grünen Koalitionen in den Städten begründet.

Und was macht Borussia Dortmund?

Zusammen mit Sammerkuranyi praktisch vierzunull gegen Bayer Schalkekusen – perfekter Spieltag. FRAGEN: HOL