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Archiv-Artikel

Wanderfalken würden Grün wählen

Der Naturschutzbund NRW zieht Jahresbilanz: Fast ausgestorbene Tierarten leben in NRW wieder auf, neue Naturschutzgebiete entstehen. Steinkohleabbau und mangelnder Hochwasserschutz gefährden die Umwelt

DÜSSELDORF taz ■ Wanderfalken leben gerne in Nordrhein-Westfalen. Sie hatten 2004 ein gutes Jahr, mittlerweile gibt es von dem fast ausgestorbenen Raubtier wieder 66 Brutpaare. Das ist die gute Nachricht, die der Naturschutzbund NRW (NABU) gestern bei seiner Jahresbilanz in Düsseldorf vorstellte. Wanderfalken, Steinkauze, Weißstörche, Laubfrösche sowie Stein- und Edelkrebse verbucht der NABU auf seiner Erfolgsseite.

Der NABU ist neben dem BUND einer der beiden großen Umweltschutzverbände im Land. In diesem Jahr kletterten die Mitgliedszahlen des Vereins erstmalig über die 50.000. Er hat sich vor allem den Tieren und dem Naturschutz verschrieben. „Für den Artenschutz sind es gute Zeiten“, sagte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Nabu NRW. Wanderfalke und Weißstorch würden sich wieder prächtig vermehren. Früher hätte eine höhere Pestizidbelastung die Eierschalen so dünnhäutig werden lassen, dass der Nachwuchs nicht überlebte. Heute gibt es weniger Pestizide in der Landwirtschaft und viele Ehrenamtliche, die die Nester der Brütenden bewachen, wenn es sein muss, Tag und Nacht. Zum Beispiel vor wütenden Taubenzüchtern, deren Zuchttiere oft zur Beute der Falken werden.

Auch geschützte Grüngebiete konnten sich in Nordrhein-Westfalen gut entwickeln: Der Nationalpark Eifel wurde gegründet, ein zweiter Park in der Egge ist seit 2004 in der Planung. Andere Naturstücke sind allerdings gefährdet: NRW hat nur wenige Flächen an die Europäische Union gemeldet, die in das neue europäische „Schutzgebietsnetzwerk“ aufgenommen werden sollen. „Wir sind im Vergleich zu anderen Ländern auf den hintersten Plätzen“, sagt Tumbrinck. Seine Erklärung: „Wirtschaftliche Interessen stehen höher als Naturschutz.“ Zum Beispiel sei der Hambacher Forst nur deswegen nicht Mitglied des Netzwerks, weil dort Braunkohle gefördert werden soll. In Siegen-Wittgenstein sei ein Flughafenausbau wichtiger gewesen als ein besonderer halbtrockener Rasen.

Tumbrinck sieht auch große Fehler der Landesregierung. „Der Steinkohleabbau unter dem Rhein ist eine Katastrophe“, sagt er. Bis 2008 kann in Walsum die Steinkohle gefördert werden, viel zu lange finden NaturschützerInnen und AnwohnerInnen. Sie fürchten Deichabsenkungen und eine schlechtere Wasserqualität. Hier sieht sich der NABU in einer Reihe mit der CDU. „Bei anderen Themen gibt es aber große Konflikte“, sagt Tumbrinck.

Festlegen will sich der NABU aber auf keine Partei. „Jeder muss ankreuzen, was er will.“ Gleichwohl fänden sie sich am ehesten im Wahlprogramm der Grünen wieder. Bei CDU und SPD sei es sehr zwiespältig. Zwar wisse er, dass viele seiner Mitglieder wertkonservativ seien und die CDU gegen Steinkohle und für Naturparks eintrete. Sie wolle aber die biologische Agrarwirtschaft komplett zurückdrehen und das sei schlecht. Bei diesem Thema seien wiederum die Sozialdemokraten fortschrittlich. Sicher ist für den NABU nur eines: „Mit der FDP gerät der Umweltschutz in schweres Fahrwasser.“ ANNIKA JOERES