Der Knurrer lässt rätseln

Nach dem 3:2 gegen Greuther Fürth ist der erneute Aufstieg des 1. FC Köln in die Bundesliga fast sicher. Ob der mürrische Huub Stevens dann noch der Trainer sein möchte, will er nicht verraten

AUS KÖLN DANIEL THEWELEIT

Es gibt dieses klassische Verhältnis zwischen Fußballtrainern und ihren Vorgesetzten, den Präsidenten und Managern. Wenn man die Freiburger Enklave einmal unberücksichtigt lässt, ist die Macht immer gleich verteilt zwischen den beiden Polen. In Köln jedoch rüttelt mit Huub Stevens gerade ein weiterer Trainer durchaus erfolgreich an diesem Machtverhältnis, denn nach dem 3:2-Sieg gegen Greuther Fürth ist der Aufstieg bei acht Punkten Vorsprung nur noch durch einen katastrophalen Sturz auf der Zielgeraden in Gefahr. Steht die Beförderung in die Bundesliga fest, verlängert sich der Vertag von Stevens automatisch um ein Jahr, doch was dann wirklich passieren wird, scheint offen wie ein Würfelspiel. Die Würfel könnten Stevens’ undurchschaubare Launen sein.

Seit der Winterpause versuchen Journalisten, den Trainer zu einer brauchbaren Aussage über seine Zukunft zu bewegen: „Bleiben Sie im Aufstiegsfall in Köln?“, traut sich längst niemand mehr zu fragen. „Ich mache den Quatsch nicht mit“, ist noch die freundlichste Antwort, die von Stevens darauf zu bekommen ist. Die Gerüchte aus Holland, der Trainer wolle zurück zu Roda Kerkrade, auch um näher bei seiner kranken Frau zu sein, hat er bisher weder dementiert noch bestätigt.

Auch Präsident Wolfgang Overath und Manager Andreas Rettig sind offenbar Opfer dieser Unentschlossenheit. Es wäre hilfreich, wenn „wir mehr Ruhe in die Sache bekommen“, sagt Overath, denn längst ist in Köln eine wilde Trainerdebatte im Gange. Da man große Pläne hat, ist diese Frage durchaus von Belang. Christoph Daum gilt als Favorit der Südkurve, wird aber wohl kaum wegzuholen sein aus seiner bestens dotierten Istanbuler Champions-League-Umgebung. Uwe Rapolder wird schon ernsthafter diskutiert. Der Bielefelder distanziert sich gegenwärtig mit kritischen Worten von der Vereinsführung der Arminia, aber lässt sich daraus schließen, dass er ein anderes Angebot in Erwägung zieht? Auch im Gespräch ist Co Adriaanse vom AZ Alkmaar, der im Uefa-Cup für Furore sorgt, nur Lothar Matthäus, der sich selber ins Spiel brachte, wird wohl kein Angebot bekommen. Sicher ist aber, dass die Verantwortlichen einen attraktiveren Fußball sehen wollen als unter Stevens’ Primat der Defensive. Doch noch sitzt der Holländer auf dem Trainerstuhl.

Der Kölner Stadtanzeiger bezeichnete den Abschied von Stevens in der vergangenen Woche allerdings bereits als „abgemachte Sache“, während die Vereinsführung glaubwürdig beteuert, sie wisse selber nicht, was Stevens vorhabe. Das Spiel um den Kölner Trainerposten wird immer kurioser, und der Einzige, der die Angelegenheit kontrolliert, ist Stevens selber. Den Anhängern gefällt das nicht, doch zugleich schätzen sie den Trainer dafür, dass er die Mannschaft wohl zurück in die Bundesliga führen wird.

Gegen Greuther Fürth erwischte das Team dann auch einen besseren Tag und beendete eine Serie von drei sieglosen Spielen. Der griechische Europameister Vasilis Tsiartas durfte erstmals in der Rückrunde mitwirken und verhalf der Mannschaft mit seinen spielerischen Fähigkeiten zu lange nicht gesehen Momenten schönen Fußballs. Als die Kölner irgendwann mit 3:0 führten, wurde sogar Stevens mit Sprechchören von den Kölner Fans gefeiert. Das war eine Bekundung der Sympathie, wie es sie lange nicht gegeben hatte für den Trainer. Er reagierte in seiner knurrigen Art: Sitzen bleiben, Blick nach unten, Daumen nach oben. Hinterher sagte er: „Das hat gut getan.“ Als es zehn Minuten vor dem Ende 3:2 stand, kam aber niemand mehr auf die Idee, den Trainer zu feiern – das Verhältnis ist wechselhaft wie das Wetter im April.

Angesichts des nahenden Saisonfinales sollte man indessen möglichst bald Klarheit schaffen über die Zukunft mit dem Knurrer. „Mir wäre es lieber, die Sache ist bald geklärt“, sagt auch Andreas Rettig, denn bei der Suche nach Verstärkungen ist es ein echter Nachteil, den Spielern nicht auch den Trainer vorstellen zu können. In den vergangenen Jahren hatte die Klubführung kein glückliches Händchen bei der Wahl neuer Spieler, für das kommende Jahr wurden bisher nur weitere Talente präsentiert: Verteidiger Marvin Matip vom VfL Bochum und Stürmer Martin Helmes von den Sportfreunden Siegen. Es fehlt aber an gestandenen Leuten, die die Mannschaft spielerisch verbessern, die den Jungen helfen können. Möglicherweise ist diese Angelegenheit noch wichtiger als die Trainerfrage.