Geiselnehmer bleibt isoliert

Der Kidnapper von Ennepetal soll in Psychiatrie eingewiesen werden. Der Iraner wollte seine Familie nach Deutschland holen. Situation iranischer Asylbewerber „unerträglich“

ENNEPETAL taz/dpa ■ Der Geiselnehmer, der am Dienstag in Ennepetal einen Bus gekidnappt hatte, soll in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen werden. Ein entsprechender Antrag werde noch am Mittwoch beim zuständigen Amtsgericht in Schwelm gestellt, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer in Hagen.

Der 50-jährige Iraner hatte am Dienstag vier Schulkinder aus einem Bus gekidnappt und diese bis zur Befreiung durch ein Spezialkommando der Polizei fünf Stunden in dem Keller eines Familienhauses in seiner Gewalt gehabt. Ein Mädchen und der Täter erlitten dabei leichte Verletzungen. In der Vernehmung habe der Täter ausgesagt, er habe schon mehrere Male an Bushaltestellen gestanden, „es dann aber nicht übers Herz gebracht“.

Die Notfallseelsorger und Polizeipsychologen kümmern sich jetzt um die Opfer der Geiselnahme und deren Familien. „Die Situation in dem Keller war zwar bedrohlich, aber aus Sicht der Kinder überstehbar“, so Rahmer. Die vier Mädchen im Alter von 11 bis 16 Jahren hätten im Keller umhergehen können. Auch hätten sie telefonieren können.

Bei der Vernehmung habe es sprachliche Schwierigkeiten gegeben, sagte der Oberstaatsanwalt. Er habe immer wieder von Stress mit deutschen Behörden und mit der Bürokratie gesprochen und auf den Brief verwiesen, den er im Bus gelassen hatte. Demnach wollte er mit der Geiselnahme erreichen, dass seine Familie nach Deutschland kommen kann.

Nach Angaben der Stadt lebt der Mann seit 1995 als Asylbewerber in Ennepetal. Er habe ohne Angehörige in zwei verschiedenen Heimen gewohnt, sagte Stadtsprecherin Anke Velten-Franke. „Er hat sehr introvertiert gelebt und kaum Kontakt zu den Mitbewohnern gehabt.“ Der Iraner soll schon früher in psychiatrischer Behandlung gewesen sein.

Die Situation der etwa 1.000 iranischen Flüchtlinge, die in NRW kein Asyl bekommen hätten, sei unerträglich, sagt Mojtaba Sahkibapour vom Verein für politische Flüchtlinge in Münster. Er wolle nicht die Tat des Geiselnehmers rechtfertigen, „aber der Nervenkrieg macht die Menschen kaputt“. Im Iran herrsche keine Meinungsfreiheit und wer politisch gewesen sei, müsse befürchten, dass er bei einer Abschiebung sofort festgenommen werde. „Was dann passiert, weiß keiner“, so Sahkibapour. NAW