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: Kein Entrinnen vor dem Bösen

„Das kannst du auch, wenn nicht gar besser!“, stachelt eine flüsternde Stimme den Ehrgeiz an. Wer kennt solche Überlegungen nicht? Im Freien Werkstatt Theater gehört die Stimme dem „komischen Kollegen I“ und Macbeth ist‘s, den er mit der Prophezeiung, er werde König, antreibt. So kann das blutige Spiel um Karriere und Macht beginnen. Ein Spiel, das – wir kennen unseren Shakespeare – für den Aufstrebenden tödlich endet.

Der „Kollege“ (herausragend Florian Worbs) hält die Inszenierung zusammen. Er kontrolliert von seiner Pförtnerloge aus das Spiel und das Böse. Er stellt die Weichen, spinnt Intrigen, umkreist buchstäblich das Geschehen und zieht den Kreis um Macbeth immer enger. Bis es kein Entrinnen mehr gibt.

Von seiner Frau (anfangs unscheinbar, steigert sich Linda-Moran Braun als Lady Macbeth bis zu ihrem verzweifelten Selbstmord) angetrieben, erschlägt Macbeth (stellenweise zu luschig Richard Hucke) den schlafenden König und setzt sich an dessen Stelle. Um Mitwisser zum Schweigen zu bringen, folgen weitere Morde. Doch die Schatten der Ermordeten treiben das Paar in den Wahnsinn. Schließlich wird Macbeth selber getötet – auch dies wurde ihm prophezeit. Doch an diese Prophezeiung hatte er natürlich nicht geglaubt.

Diese Entwicklung, aus der es kein Entkommen gibt, verfolgt Regisseur Oliver Ernst mit nüchterner, holzschnittklarer Konsequenz. Allein willkürliche Volkstheater-Einsprengsel stören bisweilen. Auch die Deutung, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau steht und letztlich Sex Treib- und Triebstoff menschlichen Lebens ist, kommt recht platt daher.

Doch Gelungenes überwiegt. Da ist ein mitreißendes Schlachtgetümmel als Schattenspiel. Und anstelle von Schwertern benutzen die Streithähne nasse Lumpen. Sollten die machtlüsternen Machos am Ende nichts weiter als Waschlappen sein? Ritter jedenfalls sind sie nicht; Oliver Ernst jagt sie als junge adrette Businessmen auf die Bühne.

Woher kommt das Böse in uns? Das Stück gibt darauf keine Antwort. Aber es stellt die Frage danach. Das alles in einem sparsamen Bühnenbild, das zum Schluss sogar den Wald von Birnam in Bewegung setzt und so den Tod von Macbeth besiegelt. Dem Publikum gefällt die Inszenierung zu recht.

JÜRGEN SCHÖN

„Macbeth“: 15., 16. und 17. April, jeweils 20 Uhr, Freies Werkstatt Theater, Zugweg 10, Tel. 32 78 17