: Union-Nachwuchs spielt rechts
Nachwuchs der Christdemokraten hat erneut Probleme mit der Abgrenzung nach Rechts. RCDS-Fraktionschef an der Bochumer Uni wirbt für die rechtsextreme „Junge Freiheit“. Rücktritt gefordert
VON HOLGER PAULER
Die Nachwuchsorganisationen der CDU haben ein Problem mit der Abgrenzung nach Rechtsaußen. Markus Hessler, ehemals Landesvorsitzender des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und Fraktionsvorsitzender an der Ruhruniversität Bochum, macht auf seiner Homepage Werbung für die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtete rechte Wochen-Postille Junge Freiheit. „Eine interessante konservative Zeitung aus Berlin“, schreibt Hessler. Außerdem ist er Mitglied in der Burschenschaft Saxo-Thuringia. Das Problem: Der RCDS toleriert seit März den Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) der Ruhruni, bestehend aus den SPD-nahen RUB-Rosen, der Grünen Hochschulgruppe und dem Vertreter „Der Liste“, die Studentengruppe des Titanic-Ablegers „Die Partei“.
Auf eine Anfrage der taz fordern die Uni-Grünen in Bochum nun den Rücktritt Hesslers: „Als Grüne Hochschulgruppe und stärkste Kraft im AStA werden wir uns nicht von einem RCDS tolerieren lassen, der es zulässt, das einer seiner Abgeordneten Werbung für eine Zeitung macht, die laut Bundesverfassungsschutzbericht 2001 ‚ein Forum für rechtsextremistische Meinungsäußerungen‘ bietet“, heißt es in der Begründung.
Ob die Tolerierung durch den RCDS aufgekündigt wird, war nicht zu erfahren. „Der RCDS ist zunächst einmal eine demokratisch legitimierte Hochschulgruppe“, sagt Christian Michalak, AStA-Mitglied der Grünen Hochschulgruppe Bochum. „Bislang konnten wir aber nicht erkennen, dass der Bochumer RCDS besonders rechts ist.“ Michalak vermutet bei der Alternativen- und Linken Liste nur ein taktisches Manöver, um den im Januar verlorenen AStA-Vorsitz wieder zu bekommen. Sollten sich die Anschuldigungen aber bestätigen, sei dies „sehr bedenklich“. Am Mittwoch will der AStA die Tolerierung durch den RCDS und thematisieren.
„Die Tatsache, dass ein Mitglied des Studierenden-Parlaments offen für eine rechtsextreme Zeitung Werbung macht, ist schlimm genug“, sagt Gerd Krauss, Referent für Antirassismus im freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs) und Mitglied der Linken Liste Bochum. Dass sich der AStA von dieser Gruppe „bei allen wichtigen Entscheidungen“ unterstützen ließe, könne nicht länger geduldet werden. Die Opposition aus Linker Liste und Alternativer Liste wirft der rot-grünen Koalition vor, sich nicht eindeutig nach Rechts abzugrenzen.
„Das Problem ist, dass es gerade im Bereich der Burschenschaften ein Milieu gibt, in dem liberalere und völkisch nationale Organisatoren aufeinander treffen“, sagt Gerd Krauss. Die im Bochumer Beispiel genannte konfessionelle katholische Verbindung Saxo Thuringia ist bislang kaum aufgefallen, wenn es um Kontakte nach Rechtsaußen geht. „Dass der Markus Hessler aber für die Junge Freiheit Werbung macht, besorgt uns sehr“, sagt Krauss.
In den 1960er Jahren zählte der RCDS zum linken Flügel der Adenauer-CDU. In den letzten Jahrzehnten mutierte der Hochschulbund zum Fanclub stramm-konservativer Politiker. Die männlich dominierten Uni-Gruppen an Rhein und Ruhr sind heute vielerorts Refugien rechter Eigenbrötler und Burschenschaftler. Martin Hohmanns Tätervolk-Rede sei am RCDS-Rand Standardlektüre, angeblich erlebe sogar der Hitlergruß eine Renaissance bei feuchtfröhlichen RCDS-Sitzungen, so ein Studentenpolitiker zur taz.
Dass die Christdemokraten ihren rechten Rand oft recht locker definieren, zeigt eine Geschichte vom vergangenen März. Der Chef der Jungen Union (JU) im nordrhein-westfälischen Brühl hat nach einem Bericht des Spiegel das vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Bündnis „Pro Köln“ zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Der Brühler JU-Chef Ulrich Nagel habe „Pro Köln“-Stadtrat Manfred Rouhs gebeten, Programm und Ziele zu präsentieren. Rouhs ist ehemaliges Mitglied der NPD und der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“. „Pro Köln“ bezeichnete das Treffen auf seiner Internetseite als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Normalisierung des Verhältnisses der CDU zu dem Bündnis.