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Archiv-Artikel

Abseitige Mauer

Mauergedenken: Statt am Kreuzewald des zentralen Checkpoints will es Berlins Kultursenator lieber abgelegen

BERLIN taz ■ Geht es nach dem Berliner Kultursenator Thomas Flierl (PDS), wird es in der Hauptstadt spätestens 2011 eine zentrale Gedenkstätte zur Berliner Mauer geben. Es ist jedoch nicht der „Checkpoint Charlie“, dessen privat errichtete über 1.000 Mauerkreuze sich gerade bei Touristen großer Beliebtheit erfreuen. Vielmehr soll die etwas abgelegene Gedenkstätte an der Bernauer Straße der Hauptort des Gedenkens werden. Dazu soll die Stätte zu einer Art Erinnerungsgelände ausgebaut werden.

Dies sieht das „Gedenkkonzept Berliner Mauer“ vor, das der Senator am Montagabend im Berliner Abgeordnetenhaus vorgestellt hat. „Die Mauer war nicht nur das hässliche Äußere einer ansonsten menschenfreundlichen Gesellschaft, sie war konstitutiver Bestandteil eines Herrschaftssystems, das zu keinem Zeitpunkt auf die Repression nach innen verzichten konnte“, heißt es in dem Papier. „Im Maße des historischen Abstandes ist mittlerweile die Einsicht gewachsen, dass von der Berliner Mauer zu viel und zu undurchdacht abgetragen wurde.“

Der PDS-Kulturpolitiker schreibt in dem Konzept, das private Mahnmal am weltweit bekannten „Checkpoint Charlie“ sei „fachlich unbefriedigend“. Stattdessen sollte es dort einen „Ort der Information“ geben, der vor allem die Ost-West-Konfrontation des Kalten Krieges als Thema hat. Die „dezentrale Struktur der Erinnerungslandschaft“, so Senator Flierl, müsse „respektiert werden“. Dazu passt, dass die fraktionsübergreifende Initiative von Bundestagsabgeordneten für eine Form des Gedenkens am Brandenburger Tor unterstützt wird. Dabei soll es nach Wunsch der Abgeordneten und Flierls vor allem um die Überwindung der deutschen Teilung und die Freude über den Fall der Mauer gehen.

Am Montagabend fand das Konzept unter den versammelten Experten zwar einige Zustimmung – aber auch manche Kritik: „Das Papier ist sehr SED-frei geraten“, erklärte der Historiker Klaus-Dietmar Henke aus Dresden. Manfred Wilke vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin bemängelte, das Konzept vernachlässige „Akteure und Täter“. Außerdem „fehlen die Schlüsselbegriffe demokratischer Erinnerungskultur: Freiheit, Demokratie und Diktatur“, unterstrich er.

Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer betonte, das Konzept des Senators gehe in die richtige Richtung, wenn es die Gedenkstätte an der Bernauer Straße zum zentralen Gedenkort ausbaue. Der Ratsvorsitzende der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Bundestagsabgeordnete Markus Meckel (SPD), forderte ein „Sofortsicherungsprogramm“ für das Gelände. Auf einem der betroffenen Grundstücke ist ein Supermarkt geplant. PHILIPP GESSLER